2.
Jetzt werdet ihr auch den Unterschied zwischen der Beschauung und dem innerlichen Gebete einsehen. Letzteres besteht, wie bereits erwähnt, darin, daß wir bedenken und erkennen, was wir beten, wer der ist, mit dem wir reden, und wer wir sind, die wir mit einem so großen Herrn zu sprechen wagen. Darin also, daß wir dies und Ähnliches erwägen, z. B. den geringen Dienst, den wir bisher dem Herrn geleistet, und unsere große Verpflichtung, ihm zu dienen, darin, sage ich, besteht das innerliche Gebet. Stellt euch darum dieses nicht als etwas besonders Geheimnisvolles vor und erschreckt nicht vor dem Namen! Sprecht ihr das »Vaterunser« und das »Gegrüßet seist du, Maria« oder ein anderes beliebiges Gebet, so ist das ein mündliches Gebet. Beachtet aber, daß dieses einer schlechten Musik gleichkäme, wenn es nicht in Verbindung mit dem innerlichen Gebete verrichtet würde! Selbst die Worte würden nicht immer den rechten Sinn haben. Bei dem einen wie bei dem anderen Gebete können wir mit der Hilfe des Herrn selbst etwas tun; bei der Beschauung aber, von der ich eben gesprochen, vermögen wir nichts. Hier tut alles die göttliche Majestät; denn die Beschauung ist Gottes Werk, da sie unsere Natur übersteigt.
