5.
Wollt ihr, meine Schwestern, die Furcht Gottes erlangen, so beachtet um der Liebe Gottes willen, wie wichtig es ist, zu erkennen und recht oft zu betrachten, was es Großes um eine Beleidigung Gottes ist! Denn davon, daß diese Tugend tief in unseren Seelen wurzle, hängt unser Leben und noch viel mehr ab. Ihr müßt aber, solange ihr nicht ganz sicher erkennt, daß ihr sie besitzt, immer mit großer, recht großer Vorsicht wandeln und euch von allen Gelegenheiten und Gesellschaften fernehalten, die nicht dazu dienen, euch Gott näher zu bringen; ihr müßt sehr darauf achten, in all euerem Tun und Lassen eueren Willen zu brechen, in eueren Reden zu erbauen und Gespräche zu fliehen, die nicht von Gott handeln! Es wird sehr viel erfordert, bis diese Furcht unserem Innern tief eingeprägt bleibt. Übrigens wird auch die Furcht Gottes in uns bald zunehmen, wenn die wahre Liebe Gottes in uns ist; sieht sich aber, wie gesagt, die Seele einmal fest entschlossen, um keines Geschöpfes willen Gott zu beleidigen, dann ist so große Vorsicht nicht mehr notwendig. Sie kann ja noch hie und da fallen; denn wir sind schwache Menschen und dürfen nicht auf uns selbst vertrauen. Je fester unser Entschluß ist, Gott nicht zu beleidigen, desto weniger dürfen wir uns auf uns selbst verlassen; unsere ganze Zuversicht muß vielmehr auf Gott beruhen.
