58.
1. Ich halte es aber für richtig bei den Sittsamen soweit sie überhaupt reden dürfen, auch ein Maß für die Stimme festzusetzen, nämlich die Rücksicht auf den, mit dem sie sprechen. Denn Schweigen ist eine Tugend für die Frauen 1 und eine Auszeichnung für die Jünglinge, die nie Gefahr bringt 2 ; eine gute Rede aber geziemt sich für das bewährte Alter.3
2. „Sprich, du Alter, beim Gastmahl; denn für dich geziemt es sich; aber sprich ungehemmt und mit genauer Kenntnis! Du Jüngling“, auch dir gestattet es die Weisheit, „sprich, wenn du es nötig hast; auch dann kaum, wenn du zweimal gefragt worden bist, und fasse deine Gedanken in wenigen Worten zusammen!“4
3. Die beiden aber, die miteinander reden, sollen ihre Stimme nach dem richtigen Mittelmaß bemessen; denn das laute Schreien beim Sprechen ist ein Wahnsinn; und wenn man so leise spricht, daß es die Nächsten nicht verstehen können, so ist das sinnlos; denn sie werden es nicht hören. Und das eine ist ein Zeichen von Unmännlichkeit, das andere von Rücksichtslosigkeit. Fern bleibe aber auch die Streitsucht bei der Unterhaltung um des eitlen Sieges willen!5 Denn unser Ziel ist die Gemütsruhe.6 Und dies ist doch wohl mit dem Wort „Friede sei mit dir!“7 gemeint. „Bevor du gehört hast, antworte kein Wort!“8
Vgl. Sophokles, Aias 293. ↩
Vgl, Simonides von Keos Fr, 66; Strom. II 68, 3; A, Elter, Gnomol. hist. 106. ↩
Vielleicht ist ἀγαθόν statt ἀγαθός zu lesen und zu übersetzen: „Reden aber ist ein Gut (ein Vorzug) für das bewährte Alter.“ ↩
Sir. 35 (32), 3. 7 f. ↩
Sacra Par. 200 Holl. ↩
Vgl. Strom. IV 55, 4; VI 24, 10 (Epikur); Diog. Laert. X 82 u.a. ↩
Vgl. vielleicht 3 Joh. 15. ↩
Sir. 11, 8. ↩
