6.
Kaiser Valens, Julians Nachfolger (364—375), war ein eingefleischter Arianer, und schlaue Ratgeber legten ihm nahe, den inneren Zwist der Kappadozier mit ihrem kirchlichen Oberhaupt auszunützen und in Cäsarea einen Arianerbischof zu inthronisieren1. Cäsarea und ganz Kappadozien sollte arianisch werden. Gregor von Nazianz wandte sich zur Beschwörung der Gefahr sofort an Basilius. Dieser söhnte sich nun mit Eusebius aus, „nahm sich mit Eifer der gefährdeten Wahrheit an, und opferte und weihte sich der Kirche2“. Begeistert scharte sich das Volk um den Vorkämpfer des hl. Glaubens, so daß Valens den Mut verlor, die streitbaren Kappadozier noch weiter zu reizen. Geschlagen und gedemütigt verließ der Kaiser mit seinem Gefolge (Ende 365) Cäsarea3. — Seitdem war Basilius für den Erzbischof von Cäsarea der „unentbehrliche Ratgeber, der gewandte Beistand, Interpret der hl. Schriften, der Dolmetscher seiner Pflichten, der Stab seines Alters, die S. 25 Stütze seines Glaubens, der treueste seiner Hausgenossen, der brauchbarste der Fremden4“. „Trotz seiner niederen hierarchischen Stellung hatte er die Leitung der Kirche in der Hand . . . Der Bischof regierte die Gläubigen, Basilius aber leitete das Oberhaupt5.“ An der Seite des Bischofs entfaltete nun Basilius eine pastorelle und administrative Tätigkeit, die Gregor nicht genug zu rühmen weiß: Freimütig trat er bei den Beamten und Statthaltern für die Rechte der Kirche und die Anliegen des Volkes ein, vermittelte als unparteiischer Schiedsrichter zwischen den streitenden Parteien, half aus seelischer und leiblicher Not, organisierte die Pflege der Armen, Kranken und Fremden, nahm sich der Mädchen an, arbeitete an der inneren und äußeren Ausgestaltung des Mönchtums, drang auf die Reform des Klerus und eine Regelung des liturgischen Gottesdienstes6. Als besondere Großtat des Heiligen rühmte Gregor die Linderung der furchtbaren Hungersnot, von der Cäsarea und Umgebung im Jahre 367—368 heimgesucht wurden. Nicht bloß opferte er zum Aufkauf von Lebensmitteln sein eigenes Restvermögen, das er nach dem Tode seiner Mutter geerbt, nicht bloß fand er Trostworte für die Leidenden und erschütternde Donnerworte für die hartherzigen Wucherer7, und „öffnete so die Vorratskammern der Reichen“, sondern persönlich, mit der Schürze um die Hüften, bediente er auf dem Marktplatze die abgemagerten, bleichen Gestalten, Männer und Frauen, Kinder und Greise. Seele aller Armenfürsorge blieb ihm aber „die Sorge für die Seele der Armen8“.
Um die Mitte des Jahres 370 starb Eusebius, und Basilius ward auf den bischöflichen Stuhl erhoben — „nicht ohne Mühe, nicht ohne Neid und Kampf seitens der kaiserlichen Beamtenschaft und eines mit dieser S. 26 verbündeten Magistrates9. Der mehr als neunzig Jahre alte Bischof Gregor von Nazianz (der Ältere) , der Vater des Basilius befreundeten Gregor, hatte durch persönliche Beteiligung an der Wahl den Entscheid gebracht und erteilte ihm auch die Weihe10.
Basilius, erst vierzigjährig, aber infolge übertriebener Askese doch körperlich sehr geschwächt, stand nunmehr vor noch größeren Aufgaben. Eine Erzdiözese galt es selbständig zu verwalten, die mit ihren fünfzig Suffraganbistümern auf elf Provinzen sich verteilte und halb Kleinasien umspannte.
Zunächst ging sein Bestreben dahin, die durch seine Wahl veranlaßten Streitigkeiten in der Stadt beizulegen und die früheren Gegner durch Milde und würdigen Ernst zu versöhnen und zu gewinnen11. Charakteristisch für ihn, daß er auf die persönliche Umgebung seines Freundes Gregor verzichtete, um ja nicht Anlaß zu neuer Unzufriedenheit zu geben12.
Einen härteren Kampf hatte er aber zu bestehen gegen Valens, den brutalen, kaiserlichen Schirmherrn der Arianer, der in seinem mit Katholikenhaß erfüllten Herzen ob der früher (s. o.) erlittenen Niederlage noch einen persönlichen Groll gegen Basilius trug13. Als dieser Wüterich Ende 371 oder Anfang 372 wiederum Cäsarea nahte, „dieser noch unerschütterten und unverletzten Mutter der Kirchen14“, da zitterten alle Nichtarianer vor dem „hagelgeschwängerten und verderbendräuenden Gewölk, das jede Kirche vernichtete, auf die es niederfiel15. Wußte man doch, wie dieser Tyrann mit Verbannung, Güterkonfiskation und mit gräßlichsten Martern — in Konstantinopel hatte er achtzig katholische Priester auf ein Schiff bringen und auf offener See verbrennen lassen — gegen die Treugläubigen vorging16. Aber S. 27 Basilius begegnete zuerst einer vorausgeschickten Abordnung von arianischen Bischöfen und Offizieren, dann dem Präfekten Modestus und schließlich dem Kaiser selbst mit solcher Unerschrockenheit und Überlegenheit, daß er seinen Gegnern Achtung und Bewunderung abnötigte und Valens gegen ihn nicht vorzugehen wagte17. Auch die Kirche von Kappadozien war damit der größten Gefahr entronnen. „Diese Begegnung“, schreibt Gregor, „nahm wie eine Woge den größten Teil der Bedrängnis hinweg, die uns damals drückte18.“ Wohl gelang es hintendrein der arianischen Hofpartei, Valens zur Unterzeichnung eines Verbannungsdekretes für Basilius zu bereden. Aber der Verbannungsbefehl kam nicht zur Ausführung — angeblich, weil Valens dem Heiligen die Genesung seines todkranken Kindes dankte19. Auch dem Präfekten Modestus selbst scheint er ein Wohltäter geworden zu sein und diesen zu einer freundlicheren Stellung ihm und seiner Kirche gegenüber veranlaßt zu haben20. So hatte Basilius eine große Gefahr beschworen, wobei er aber nicht mehr bedeutet haben wollte als der „gemeine Dünensand am Meere, den der Wille des Allmächtigen als Damm dem wilden Rasen des sturmgepeitschten Ozeans entgegengeworfen hat21“.
Nicht gleich erfolgreich verlief der Kampf des Basilius um seine kirchlichen Rechte. Um die verhaßten Kappadozier steuerlich schärfer erfassen zu können und anderseits den Einfluß des Metropoliten von Cäsarea zu brechen, hatte Valens schon 371 die Reichsprovinz Kappadozien, die mit der Kirchenprovinz zusammenfiel, in zwei Hälften geteilt. Tyana wurde Provinzhauptstadt des neuen Kappadozien. Der dortige Bischof Anthimus vermochte nun mit Hilfe der Regierung ganz gegen den Willen des Basilius seine Residenz zur kirchlichen Metropole zu erheben und die Diözesen des neuen Gebietes seinem Sitze anzugliedern. Die Ausscheidung bzw. S. 28 Lostrennung des neuen Metropolitanverbandes hatte viele Mißlichkeiten und Brutalitäten im Gefolge: „Der neue Metropolit verhinderte das Abhalten von Synoden, eignete sich die Einkünfte an; die Verhältnisse der Kirche verschlimmerten sich22.“ — Basilius suchte nun „den Zwist zu einem Gewinn für die Kirche zu gestalten“: Er schuf in seiner Provinz eine Reihe neuer Bistümer, die er mit verlässigen Männern und bewährten Kampfgenossen besetzte23. Auch den Gregor von Nazianz betraute er mit einem Bistum — mit der Residenz im unansehnlichen Sasima; Gregor hat ihm diesen „Freundschaftsdienst“ allerdings bös verübelt und lange Zeit nachgetragen24.
Vgl. Or. 43 c. 31 und 32. ↩
Ebd. c. 31. ↩
Ebd. c. 33. ↩
Or. 43 c. 33. ↩
Ebd. ↩
Ebd. c. 34. ↩
Or. 43 c. 34—36. ↩
Damals hielt er seine berühmt gewordenen Homilien über „Die Habsucht“. „An die Reichen“. „Zur Zeit der Hungersnot und Dürre“. „Wider die Wucherer“. ↩
Or. 43 c. 37. ↩
Ebd. ↩
Gregor v. Naz. or. 43 c. 40. ↩
Ebd. c. 39. ↩
Vgl. Or. 43 c. 44. ↩
Ebd. c. 47. ↩
Or. 43 c. 30 und 46. ↩
Ebd. ↩
Or. 43 cc. 49—52. ↩
Ebd. c. 53. ↩
Or. 43 c. 54. ↩
Ebd. c. 55. ↩
Bas. ep. 203 c. 1. ↩
Or. 43 c. 58. ↩
Ebd. C. 59. ↩
Ebd. und Gregor v. Naz. Carmen 2, 1, 11 v. 386 sqq. ↩
