36.
1. In diesem Sinn ist die vollkommene Milch eine vollkommene Speise und führt zu einer unaufhörlichen Vollendung. Deswegen ist in der Ruhe dies nämliche, „Milch und Honig“, 1 verheißen. Begreiflicherweise verspricht der Herr den Gerechten wieder Milch, damit so deutlich der Logos als beides erwiesen werde, „als A und O, als Anfang und Ende“, 2 der Logos, der sinnbildlich als Milch bezeichnet wird. Etwas Ähnliches weissagt, ohne sich dessen bewußt zu sein, auch Homeros, wenn er die gerechten Menschen „Milchesser“ nennt. 3
2. Man kann aber das Schriftwort „und auch ich, meine Brüder, konnte zu euch nicht wie zu Geistlichen sprechen, sondern wie zu Fleischlichen, wie zu Kindern in Christus“4 auch so auffassen, daß man unter den Fleischlichen die verstehen kann, die erst seit kurzem unterrichtet werden und noch Kinder in Christus sind.
3. Denn geistlich nannte er die, die bereits zum Glauben an den Heiligen Geist gekommen sind, fleischlich aber die erst seit kurzem Unterrichteten und noch nicht Gereinigten, die er begreiflicherweise „noch fleischlich“ 5 nennt, da sie in gleicher Weise wie die Heiden noch an die Dinge des Fleisches denken. 6
4. „Denn da unter euch Eifersucht und Hader ist, wie solltet ihr da nicht fleischlich sein und euren Lebenswandel nach Menschenweise führen?“ 7 Deshalb sagt er auch: „Milch habe ich euch zu trinken gegeben“,8 womit er meint: ich habe euch die Erkenntnis eingeflößt, die infolge des Unterrichts zum ewigen Leben ernährt. Aber auch das Wort „ich habe euch zu trinken gegeben“ 9 ist ein Kennzeichen S. 237 vollkommener Aufnahme; denn trinken sagt man von den Erwachsenen, saugen aber von den kleinen Kindern.
5. „Denn mein Blut“, sagt der Herr, „ist der wahre Trank.“ 10 Hat er nun nicht vielleicht mit dem Wort „Milch habe ich zu trinken gegeben“11 auf die vollkommene Freude in dem mit der Milch gemeinten Logos, auf die Erkenntnis der Wahrheit, hingewiesen? Das unmittelbar folgende Wort „nicht feste Speise, denn ihr vermochtet es noch nicht“12 kann aber auf die mit fester Speise zu vergleichende leibhaftige Offenbarung „von Angesicht zu Angesicht“ in dem zukünftigen Weltalter hinweisen.
6. „Denn wir sehen jetzt wie in einem Spiegel“, sagt der nämliche Apostel, „dann aber von Angesicht zu Angesicht.“13 Darum fügte er auch jenes Wort hinzu: „Aber auch jetzt vermöget ihr es noch nicht; denn ihr seid noch fleischlich“, 14 fleischlich gesinnt, 15 erfüllt von Begierden, Liebesleidenschaft, Eifersucht, Zorn, Neid; 16 denn er meint damit nicht, daß wir noch im Fleische sind, 17 wie einige angenommen haben; denn noch im Fleische mit einem Angesicht gleich dem eines Engels 18 werden wir die Verheißung „von Angesicht zu Angesicht“19 schauen.
Exod. 3, 8. 17. ↩
Vgl. Offenb. 1, 8. 11; 21, 6; 22, 13. (Der Hinweis auf 1,11 ist falsch.) ↩
Hom. Il. 13, 6 nennt die Galaktophagen (Milchesser) neben den Hippemolgen (Stutenmelker) und den Abiern (Gewaltlose) als „gerechteste Menschen“. Er denkt dabei an skythische Volksstämme. ↩
1 Kor. 3, 1. ↩
Ebd. 3, 3. ↩
Vgl. Röm. 8, 5. ↩
Ebd. 3, 3. ↩
1 Kor. 3, 2. ↩
Ebd. ↩
Joh. 6, 55. ↩
1 Kor. 3, 2. ↩
Ebd. ↩
1 Kor. 13, 12. ↩
Ebd. 3, 2 f. ↩
Vgl. Röm. 8, 5. ↩
Vgl. Gal. 5, 19–21. ↩
Vgl. Röm. 8, 9. ↩
Vgl. Apg. 6, 15 mit Luk. 20, 36. ↩
1 Kor. 13, 12. ↩
