2.
Alle die ungelehrten, aber der Gnade teilhaften Menschen sind gleichsam kleine Städte, befestigt durch die Kraft des Kreuzes. Sie „gehen jedoch der Gnade verlustig“1 und kommen ins Verderben aus einer zweifachen Ursache, entweder weil sie in den Drangsalen, die über sie hereinbrechen, nicht standhalten, oder weil sie sich beharrlich an den sündigen Freuden ergötzen. Denn ohne Versuchungen können die Erdenwanderer nicht durchkommen. Bei der Niederkunft hat die Bettlerin wie die Königin dieselben Wehen. Der Acker des Reichen wie des Armen kann ohne den nötigen Regen keine entsprechenden Früchte bringen. So gelangen auch im Seelenheilsgeschäfte der Gelehrte und der Reiche nur durch Ausdauer, viele Drangsale und Mühen zur S. 305 Herrschaft in der Gnade. Denn so beschaffen muß nun einmal das Christenleben sein. Der Honig ist süß, er nimmt nichts Bitteres auf und nichts Giftiges an. So sind auch die Christen bei allem, was über sie kommt, ob Gutes oder Böses, gütig, wie der Herr sagt: „Seid gütig wie euer himmlischer Vater“2. Denn „was den Menschen schädigt und befleckt, ist im Innern“3. „Aus dem Herzen gehen ja böse Gedanken hervor“4, wie der Herr sagt. Somit ist das, was den Menschen verunreinigt, im Innern.
