1.
S. 153 Die geistigen Menschen sind den Versuchungen und Drangsalen ausgesetzt, die aus der ersten Sünde reichlich quellen.
Alle vernunftbegabten Wesen, ich meine Engel, Seelen und Dämonen, sind vom Schöpfer in Lauterkeit und höchster Einfachheit erschaffen worden. Daß einige von ihnen sich zum Bösen wandten, war Folge ihrer freien Selbstbestimmung. Denn mit eigenem Willen wandten sie sich von der rechten Vernunft ab. Sagen wir aber, sie seien so vom Schöpfer geschaffen worden, so nennen wir Gott, der den Satan ins Feuer stürzte, einen ungerechten Richter. Es gibt nämlich unter den Irrlehrern solche1, die behaupten, die Materie habe keinen Anfang, die Materie sei Urstoff und Urstoff sei eine Kraft und zwar eine [gott] gleiche Kraft. Dagegen kannst du treffend einwenden: Welches ist die Kraft, die schließlich siegt? Es muß doch die [Kraft] Gottes sein. Dann aber ist der Besiegte nicht mehr gleichzeitig oder gleichkräftig. Die da behaupten, das Böse subsistiere selbständig2, verstehen nichts. Denn in Gott hat nichts Böses selbständige Existenz wegen seiner Unempfindlichkeit und Göttlichkeit. In uns aber wirkt es in jedem Vermögen und Gefühl und gibt allerlei schmutzige Begierden ein. Es ist aber nicht, wie einige behaupten, so mit uns vermischt, wie Wasser und Wein sich mischen3, S. 154 sondern so, wie auf einem Felde der Weizen für sich und das Unkraut für sich besteht, wie in einem Hause der Dieb besonders und der Hausherr besonders ist.
Die Manichäer. ↩
ἐνυπόστατον εἶναι [enypostaton einai]. Für diesen Terminus verweist Stiglmayr (Theologie und Glaube III (1911), 280) auf Athanasius, der ihn in derselben Verbindung und in demselben Zusammenhang gebraucht. Er schreibt (C. Apoll. 1, 21 Migne, P. G. XXVI 1129): „Die Seele . . . bald inexistierende Sünde (ἁμαρτίαν ἐνυπόστατον [hamartian enypostaton]), bald Vollbringerin der Sünde nennend, treibt ihr aus.“ Im Anschluß daran weist er wie „Makarius“ die manichäische Irrlehre von den zwei Weltbildnern (Demiurgen) zurück. ↩
Siehe h. 4, 91 — Die Mischung von Wasser und Wein führten die Stoiker als Beispiel zur Erläuterung ihres Terminus κρᾶσις [krasis] an, d. i. „der völligen Vermischung mehrerer Körper unter Fortbestand des eigenen Wesens und der Qualitäten eines jeden Körpers“ (Stoffels, Die mystische Theologie Mak. d. Ägypt. S. 60 f.). Man glaubte nämlich, aus der Mischung von Wasser und Wein mit Hilfe eines ölgetränkten Schwammes das Wasser wieder aufsaugen zu können. Auch Methodius v. Olymp (De resurr. 2, 27 ed. Bonwetsch S. 245) behauptet, Wasser und Wein könnten aus der Mischung wieder gesondert werden. Mehreres darüber siehe Stiglmayr, Sachl. u. Sprachl. b. Mak. S. 71. „Mak.“ dagegen hielt eine Lösung von Wasser und Wein aus der Mischung für ausgeschlossen. ↩
