2.
Nachdem er sie nun zur Eintracht ermahnt und gezeigt hat, daß die Eintracht aus der Demut hervorgehe; nachdem er sich gegen die Juden, die unter dem Scheine des Christentums überall die Glaubenswahrheiten entstellten, auf das entschiedenste ausgesprochen, dieselben Hunde und schlechte Arbeiter1 genannt und vor dem Umgange mit ihnen gewarnt; nachdem er ihnen ans Herz gelegt, worauf sie ihre Aufmerksamkeit richten sollten, und sich über viele Punkte der Sittenlehre verbreitet; nachdem er sie gehörig unterrichtet und durch die Worte: „Der Herr ist nahe2“ für sich gewonnen hat: S. 10 gedenkt er mit der ihm eigenen Einsicht auch der übersandten Gaben und gewährt ihnen auf diese Weise reichen Trost. — Sichtlich schreibt er gerade an sie mit großer Hochachtung und bringt nirgends eine tadelnde Bemerkung vor, was ein Beweis ihrer Tugend ist, indem sie nämlich dem Lehrer keinerlei Anlaß zu Tadel boten, so daß sein Schreiben an sie nirgends den Charakter der Rüge, sondern durchaus den der Ermunterung an sich trägt. Was ich gleich anfangs erwähnte: diese Stadt bewies große Empfänglichkeit für den Glauben, wenn sogar der Kerkermeister — ein Amt, mit dem bekanntlich alle mögliche Roheit verbunden zu sein pflegt — auf ein einziges Wunder hin sofort herbeieilte und sich mit seinem ganzen Hause taufen ließ. Denn das vorgefallene Wunder hatte nur er allein gesehen, aber die Frucht davon genoß nicht er allein, sondern sein Weib und sein ganzes Haus mit ihm. Aber auch die Stadtobrigkeit, die ihn hatte geißeln lassen, hat dies mehr aus Übereilung und nicht aus Bosheit getan. Das ergibt sich daraus, daß sie ihn alsbald frei abziehen ließ und hinterher in Angst geriet. — Paulus stellt ihnen aber nicht bloß über ihren Glauben und die bestandenen Gefahren ein ehrenvolles Zeugnis aus, sondern auch über ihre Wohltätigkeit, indem er schreibt: „Gleich im Anfange des Evangeliums sandtet ihr einmal und (noch) ein zweites Mal zu meiner Notdurft“, während sonst niemand dieses tat. „Denn keine Gemeinde“, sagt er, „trat mit mir in das Verhältnis von Einnahme und Ausgabe3.“ Daß sie es (fernerhin) unterließen, sei mehr der Ungunst der Verhältnisse als dem Mangel an gutem Willen zuzuschreiben. „Nicht als wäret ihr für mich nicht besorgt gewesen,“ erklärt er, „aber ihr waret nicht in der Lage4.“