1.
S. 43 V. 18: „Und darüber freue ich mich, ja werde ich mich auch ferner freuen.“
V. 19: „Denn ich weiß, daß dieses mir zum Heile gereichen wird durch euer Gebet und den Beistand des Geistes Jesu Christi“
V. 20: „gemäß meiner Erwartung und Hoffnung, daß ich in keinem Falle werde zuschanden werden, sondern (daß) in aller Freimütigkeit, wie allezeit so auch jetzt, Christus verherrlicht werden wird an meinem Leibe, sei es durch Leben, sei es durch Tod.“
Die große und tugendhafte Seele vermag keine Widerwärtigkeit des gegenwärtigen Lebens aus der Fassung zu bringen, nicht Anfeindungen, nicht Anklagen, nicht Verleumdungen, nicht Gefahren, nicht Nachstellungen. Sie hat sich gleichsam auf den Gipfel eines hohen Berges geflüchtet, wo sie unerreichbar bleibt für alle aus den Niederungen der Erde gegen sie gerichteten Angriffe. Eine solche Seele war die des hl. Paulus; sie hatte eine Höhe erklommen, höher denn die höchsten Berge, den Gipfel der geistlichen Weisheit, der echten Philosophie. Denn die Philosophie der Heiden ist eitel Wortschwall und kindlicher Tand. Doch nicht davon soll jetzt die Rede sein, sondern wir wollen einstweilen von der Philosophie des Paulus sprechen. — Dieser Heilige hatte außer dem Kaiser, der ihn verfolgte, auch noch andere Feinde, die ihn auf unterschiedliche Weise, so auch mit bitterer Verleumdung, wehzutun trachteten. Und was sagt er? Ich bin darüber nicht bloß nicht betrübt und entmutigt, sondern „ich freue mich sogar und werde mich auch ferner freuen“; nicht bloß vorübergehend, versichert er, sondern immerdar werde ich mich darüber freuen. — „Denn ich weiß, daß dieses mir“, für die Zukunft, „zum Heile gereichen wird“; da auch die Anfeindung meiner Person und die gegen mich gerichtete Eifersucht die Predigt des Evangeliums fördert. — „Durch euer Gebet“, fährt er fort, „und den S. 44 Beistand des Geistes Jesu Christi gemäß meiner Erwartung und Hoffnung.“ Sieh da die Demut unseres Heiligen! Er hatte schwere Kämpfe bestanden, war bereits daran, den Kranz des Siegers zu erhalten; er hatte zahllose gute Werke vollbracht; er war mit einem Worte Paulus; denn was ließe sich Größeres über ihn sagen? Und dennoch schreibt er an die Philipper: „Durch euer Gebet kann ich das Heil erlangen“, er, dem infolge unzähliger Verdienste der Besitz des Heiles gesichert war. — „Und der Beistand des Geistes Jesu Christi“, fügt er bei. Das heißt; Wenn ich eurer Gebete für würdig befunden werde, werde ich auch größerer Gnade gewürdigt werden. Denn der Ausdruck „durch den Beistand“ heißt soviel als: wenn der Geist mir zum Beistand gewährt, wenn er mir reichlicher verliehen wird. — Mit den Worten „zum Heile“ meint er gewiß (seine) Befreiung; also: Ich werde der gegenwärtigen Gefahr ebenso entrinnen wie der ersten. Von dieser nämlich sagt er: „Bei meiner ersten Verantwortung ist mir niemand beigestanden, ... möge es ihnen nicht angerechnet werden! Der Herr aber ist mir beigestanden und hat mich gestärkt1.“ Dies prophezeit er nun auch jetzt schon voraus. — „Durch euer Gebet und den Beistand des Geistes Jesu Christi gemäß meiner Erwartung und Hoffnung.“ Denn so hoffe ich. Damit wir nämlich nicht umgekehrt alles den Gebeten anderer anheimstellen, ohne selbst etwas beizutragen, so beachte, wie er sein eigenes Mitwirken hervorhebt, nämlich die Hoffnung, die Ursache alles Guten, wie der Prophet sagt: „Es walte, o Herr, deine Barmherzigkeit über uns, gleichwie wir auf dich hoffen2“; wie es auch an einer andern Stelle heißt; „Schauet auf die vergangenen Geschlechter und sehet! Wer hat auf den Herrn gehofft und ist zuschanden geworden3?“ Und wiederum sagt unser Heiliger: „Die Hoffnung aber macht nicht zuschanden4.“ — „Gemäß meiner Erwartung und Hoffnung“, schreibt er, „daß ich in keinem Falle werde zuschanden S. 45 werden.“ Darin besteht die Hoffnung des hl. Paulus, daß er hofft: ich werde nie und nimmer zuschanden werden. Siehst du, was es Großes ist um die Hoffnung auf Gott? Mag kommen, was da will, versichert er, ich werde nicht zuschanden werden; das heißt: diese5 werden nicht (über mich) obsiegen. — „... sondern (daß) in aller Freimütigkeit, wie allezeit so auch jetzt, Christus verherrlicht werden wird an meinem Leibe.“ Jene rechneten darauf, den hl. Paulus in dieser Schlinge zu fangen, und erwarteten, daß durch das Gelingen ihres tückischen Planes der Predigt des Evangeliums ein Ende gemacht werde. Mit Bezug hierauf erklärt er nun: Das wird nicht der Fall sein, ich werde jetzt noch nicht sterben; „sondern wie allezeit, so wird auch jetzt Christus verherrlicht werden an meinem Leibe.“ — Wieso? — Schon oft geriet ich in Gefahren, in denen alle, ja wir selbst uns verloren gaben; denn „wir hatten bei uns selbst das Todesurteil gesprochen6“; aber aus allen hat uns der Herr errettet. So wird er denn auch jetzt an meinem Leibe verherrlicht werden. Was nun, damit nicht einer denke und sage: Wenn du stirbst, wird er dann nicht verherrlicht? Ja, antwortet er, gewiß; deswegen sagte ich (auch) nicht, daß (das) Leben allein ihn verherrliche, sondern auch (der) Tod. Einstweilen aber „durch Leben“, spricht er. Sie werden mich nicht töten; und sollten sie mich gewaltsam aus dem Wege räumen, auch so wird Christus verherrlicht werden. — Wieso? — „Durch Leben“, weil er mich (der gegenwärtigen Gefahr) entriß, „durch Tod“ aber, weil selbst der Tod mich nicht bewegen konnte, ihn zu verleugnen, da er mir so große Freudigkeit des Mutes verliehen und mich gegen die Todesfurcht gestählt hat; im ersteren Falle, weil er mich den Gefahren entrückte, in letzterem aber, weil er mich die Schrecken des Todes nicht fürchten ließ. So wird er verherrlicht durch Leben und durch Tod.
