§ 5.
*1) Das Ausrufen des Namens und der Weihe des betreffenden Kandidaten erscheint als ein Sinnbild der göttlichen Berufung, denn der Bischof handelt als Organ der von Gott getroffenen Wahl, wenn er jemand weiht. 2) Ein vierfaches Beispiel für diesen Satz wird angeführt:
- a) Moses weihte den Aaron nicht mit Rücksicht S. 175 darauf, daß er sein Bruder war, sondern auf den Befehl Gottes hin.
- b) Jesus nahm sich nicht selbst die Ehre des Priestertums, sondern empfing sie von Gott.
- c) Jesus gab seinen Aposteln nicht selbst die hieratische Weihe, sondern überließ dieselbe dem Vater und dem heiligen Geiste.
- d) Petrus vertraute bei der Ergänzung des Apostelkollegiums die Auswahl dem heiligen Geiste an. 3) Die herkömmliche Auffassung von Act. 1, 26 lehnt D. ab; er will, daß dem Matthias irgend ein Charisma zu Teil geworden sei, das ihn als gotterwählten Apostel bezeichnete. 4) Also darf der Bischof nicht nach eigenem Gutdünken die Weihen erteilen, sondern muß unter der Einwirkung Gottes handeln. *
Die Ausrufung der Weihen und (der Namen) der Weihekandidaten nimmt der Hierarch mit lauter Stimme vor. Das Mysterium (dieser Zeremonie) lehrt, daß der gottgeliebte Weihespender die göttliche Auswahl nur offenbart, denn nicht er selbst läßt aus eigener Gnade die Kandidaten zur priesterlichen Weihe hinzu, sondern insofern, als er von Gott zu allen Weiheakten des hierarchischen Amtes bewegt wird1.
So nimmt Moses, der Weihespender des Gesetzes, nicht einmal seinen eigenen Bruder Aaron zur priesterlichen Würde, obwohl er dafür hielt, daß er gottgeliebt und priesterlichen Sinnes sei2, bis er von Gott hiezu bewegt, in Unterwürfigkeit gegen Gott, den Urquell der Weihegewalt, ihm die priesterliche Weihe als Hierarch erteilte3. Aber auch unser urgöttlicher und erster Weihespender (denn auch dies ist der menschenfreundlichste Jesus unsertwegen geworden) hat nicht sich selbst verherrlicht, wie die Schrift sagt, sondern der Vater, der zu ihm sprach: „Du bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung des Melchisedech“4. Deshalb hat S. 176 er auch selbst, als er seine Jünger zur priesterlichen Weihe erhob, obgleich er als Gott Urgrund der Weihen ist, dennoch seinem allheiligsten Vater und dem urgöttlichen Geist die vom Urquell der Weihen ausgehende Weihevollziehung hierarchisch überlassen, da er nach dem Berichte der Schrift den Aposteln gebot, „von Jerusalem nicht wegzugehen, sondern die Verheißung des Vaters abzuwarten, die ihr von mir gehört habt, daß ihr nämlich im heiligen Geiste werdet getauft werden“5. Und selbst das Oberhaupt der Jünger gab im Verein mit der Schar der Zehn, die gleichen hierarchischen Rang mit ihm hatten, als er zur hieratischen Weihe des zwölften der Apostel schritt, die Auswahl gottesfürchtig der Urgottheit anheim. „Zeige denjenigen“ sagte er, „den du erwählt hast“, und nahm dann den vom göttlichen Lose Bezeichneten in das hierarchische Kollegium der heiligen Zwölfe auf6.
Über das göttliche Los, welches nach Gottes Fügung auf Matthias fiel, haben die einen diese, die anderen andere Ansichten ausgesprochen, aber wie mir scheint nicht korrekten Sinnes; ich will auch meine Auffassung geben. Es scheint mir, daß die Schrift mit dem Worte κλῆρος (Los) irgend ein Geschenk (Charisma) der Urgottheit bezeichnen will, welches jenem hierarchischen Kollegium den von der göttlichen Auswahl Bestimmten zu erkennen gab7. Denn es darf der göttliche Hierarch nicht auf eigenen Antrieb die priesterlichen Weihen erteilen, sondern muß sie vielmehr unter S. 177 der Einwirkung Gottes stehend im Geiste der Hierarchie und nach dem Wohlgefallen des Himmels vollziehen8.
Lehrreich für das Verständnis dieser Stelle ist Ign. v. Ant. ad Phil n. 1: „Von diesem Bischofe habe ich erkannt, daß er nicht aus sich, nicht durch Menschen, sondern durch die Liebe Gottes des Vaters und des Herrn Jesus Christus das Hirtenamt erlangt hat.“ ↩
Exod. 33, 17; Deut 33, 8. ↩
Lev. 8, 1—12. ↩
Ps. 109, 4. ↩
Act. 1, 4; vgl Luk. 24, 46. 49; Joh. 15, 26. ↩
Act. 1, 23—25. ↩
Die abweichende Erklärung, welche D. gibt, erscheint doch nicht so ganz originell, wenn man Constit. Apost. 8, 26 vergleicht, wo gesagt ist: Der Exorzist wird nicht ordiniert (χειροτονεῖται); denn dieser Siegeslohn ist Sache des freien Wohlwollens und Gnadenerweises Gottes in der Herabkunft des heiligen Geistes durch Christus. Denn wer das Charisma der Krankenheilung empfängt, wird durch eine Offenbarung von Gott (für das Amt) bezeichnet, da allen die ihm innewohnende Gnadengabe offenkundig ist. Vgl. die Zusammenstellung ὁ ἀπὸ τοῦ πατρὸς κλῆρος … ἡ ἄνωθεν ἐσομένη ψῆφος bei Marinus, vita Procli (Cousin 17). ↩
Vgl. zu 1. Clem. Rom. 44 Zeitschr. f. kath. Theol. II (Innsbr. 1878) S. 405: „Die Apostel setzten die ersten „Bischöfe“ und Diakonen auf Grund unmittelbarer Erleuchtung durch den heiligen Geist ein…“ ↩
