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Geliebteste! Das geheimnisvolle Leiden des Herrn, das zur Erlösung der Menschheit seit ewigen Zeiten geplant war und in allen verflossenen Jahrhunderten durch zahlreiche Vorbilder verkündet wurde, bildet nicht erst das Ziel unseres Hoffens, sondern steht verwirklicht im Mittelpunkte unserer Verehrung. Zu unserer Erkenntnis dienen die übereinstimmenden Zeugnisse des Alten und Neuen Bundes, indem uns die Evangeliengeschichte erzählt, was uns die Posaune der Propheten verkündete. So bewahrheitet sich das Wort der Schrift: „Ein Abgrund ruft es dem andern zu beim Rauschen deiner Wasserfälle“1 . In beiden hochheiligen Testamenten findet die Schilderung der wunderbaren Gnade Gottes den gleichen Widerhall. Was unter dem Schleier des Vorbilds verborgen war, das läßt das Erscheinen des Lichts begreifen. Und doch erkannten nur wenige die Gegenwart der Wahrheit trotz der Wunder, die der Erlöser vor den Augen der Völker wirkte. Und doch ließen sich sogar die Jünger durch das freiwillige Leiden des Herrn in Verwirrung bringen, indem sie an dem Kreuzestode Anstoß nahmen S. 314und der Versuchung der Furcht unterlagen2 . Woraus sollte da unser Glaube seine Erkenntnis schöpfen und unsere Überzeugung ihre Kraft nehmen, wenn wir nicht in den Prophezeiungen läsen, was wir verwirklicht sehen?
