3.
Die Vergießung des gerechten Blutes für die Ungerechten war so wirksam für unser Recht und ein so reiches Lösegeld1 , daß kein Gefangener mehr in den Banden der grausamen Herrschaft (des Satans) schmachten mußte, wenn er an seinen Erlöser glaubte. „Als die Sünde sich häufte“ sagt der Apostel, „ward auch überreichlich die Gnade“2 . Da also den unter dem Fluch der Sünde Geborenen die Möglichkeit gegeben ist, zu einem gerechten Leben wiedergeboren zu werden, wurde wirksamer das Geschenk der Freiheit als die Schuld der Knechtschaft. Welche Wirkung aber können sich die von dem Schutze dieses Geheimnisses erwarten, die in dem Leibe unseres Heilands die wahre menschliche Natur leugnen? Sagen sollen sie uns, durch wessen Tod sie (mit Gott) versöhnt und durch wessen Blut sie erlöst wurden! Wer ist denn der, „der sich selbst für uns dahingegeben hat als Weihegabe und Opfer, Gott zu lieblichem Geruche“?3 . Oder gab es je ein heiligeres Opfer als jenes, das der wahre Hohepriester durch Auslieferung seines Leibes auf dem Altare des Kreuzes dargebracht hat? Obgleich der Tod vieler Heiliger in den Augen des Herrn kostbar war4 , so konnte doch keiner der unschuldig Getöteten die Welt entsühnen. Die Frommen ernteten wohl Siegeskränze, hatten aber keine zu verteilen Und der Starkmut der Gläubigen ist für uns zwar ein Beispiel der Geduld, aber keine Quelle der Rechtfertigung. Jedem brachte nur sein eigener Tod Gewinn, und niemand tilge damit die Schuld des Nächsten. S. 339Unter den Menschenkindern ist es einzig und allein unser Herr Jesus Christus, in dem alle gekreuzigt und gestorben, begraben und auferstanden sind. Darauf beziehen sich die Worte des Herrn:„Wenn ich erhöht sein werde, werde ich alles an mich ziehen“ 5 . Sieht doch der wahre Glaube, der die Sünder entsühnt und zu Gerechten macht, in dem sein Ziel, der die menschliche Natur mit uns teilt. Sucht er ja bei dem das Heil, der allein unter den Menschen frei von Schuld befunden ward. Und „weil es nur einen Mittler zwischen Gott und den Menschen gibt, den Menschen Christus Jesus“6 , so gelangen wir gerade durch unsere gemeinschaftliche Natur mit ihm zum Frieden mit Gott. Niemand aber wehrt es uns, über die Macht dessen zu frohlocken, der in unserem schwachen Fleische den Kampf mit dem stolzen Feinde aufnahm und jenen seinen Sieg zugute kommen ließ, in deren Leib er triumphierte.
