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S. 91Verstummen also mögen die Klagen derer, die in frevelhaftem Murren Gottes Anordnungen tadeln, die über die späte Geburt des Herrn sich aufhalten, gleich als ob nicht auch die Vergangenheit an dem Anteil erhalten hätte, was sich in jüngster Zeit auf Erden ereignete! Trug ja die Menschwerdung des Wortes das zu tun auf, was1 getan wurde. Ist ja das Geheimnis der menschlichen Erlösung zu keiner Zeit des Altertums untätig gewesen. Was die Apostel predigten, darauf wiesen schon die Propheten hin und nicht zu spät erst ging in Erfüllung, woran man von jeher geglaubt hat. Nein, die Weisheit und Güte Gottes machte uns durch diese Verzögerung des Erlösungswerkes für ihren Ruf empfänglicher. Dadurch sollte in unseren „Tagen des Evangeliums“ nicht mehr zweifelhaft sein, worauf während so vieler Jahrhunderte durch so viele Zeichen, so viele Aussprüche und so viele Geheimnisse im voraus hingewiesen worden war. Dadurch sollte die Geburt des Erlösers, die alle Wunder, alles Maß menschlichen Erkennens überragen würde, in uns um so standhafteren Glauben wecken, je älter die vorangegangene Verkündigung wäre und je öfter sie erfolgte. Kein neuer Ratschluß also war es, kein spätes Erbarmen, wodurch sich Gott der Lage der Menschen annahm. Nein, seit Erschaffung der Welt hat er für alle ein und dieselbe Ursache der Erlösung eingesetzt. S. 92Wurde doch die göttliche Gnade, durch welche allzeit die Gesamtheit der Heiligen Rechtfertigung fand, durch Christi Geburt gesteigert, nicht erst verliehen. Und dieses Geheimnis großer Liebe, von dem nunmehr die ganze Welt erfüllt ist, war selbst in seinen Vorbildern so mächtig, daß diejenigen, die an die Verheißung glaubten, nicht weniger erlangten, als jene, die das Geschenk selbst erhielten.
bisher ↩
