Edition
ausblenden
Confessiones
Caput 16
Sed vae tibi, flumen moris humani! quis resistit tibi? quamdiu non siccaberis? quousque volves Evae filios in mare magnum et formidulosum, quod vix transeunt qui lignum conscenderint? nonne ego in te legi et tonantem Iovem et adulterantem? et utique non posset haec duo, sed actum est, ut haberet auctoritatem imitandum verum adulterium lenocinante falso tonitru. quis autem paenulatorum magistrorum audit aure sobria ex eodem pulvere hominem clamantem et dicentem: fingebat haec Homerus et humana ad deos transferebat; divina mallem ad nos? sed verius dicitur, quod fingebat haec quidem ille, sed hominibus flagitiosis divina tribuendo, ne flagitia flagitia putarentur, et ut quisquis ea fecisset, non homines perditos, sed caelestes deos videretur imitatus. Et tamen, o flumen tartareum, iactantur in te fili hominum cum mercedibus, ut haec discant, et magna res agitur, cum hoc agitur publice in foro, in conspectu legum supra mercedem salaria decernentium, et saxa tua percutis et sonas dicens: hinc verba discuntur, hinc adquiritur eloquentia, rebus persuadendis sententiisque explicandis maxime necesaria. ita ergo non cognosceremus verba haec, imbrem et aureum et gremium et fucum et templa caeli et alia verba, quae in eo loco scripta sunt, nisi Terentius induceret nequam adulescentem, proponentem sibi Iovem ad exemplum stupri, dum spectat tabulam quandam pictam in pariete, ubi inerat pictura haec, Iovem quo pacto Danaae misisse aiunt in gremium quondam imbrem aureum, fucum factum mulieri? et vide, quemadmodum se concitat ad libidinem quasi caelesti magisterio: at quem deum! (inquit) qui templa caeli summo sonitu concutit. ego homuncio id non facerem? ego vero illud feci ac libens. Non omnino, non omnino per hanc turpitudinem verba ista commodius discuntur, sed per haec verba turpitudo ista confidentius perpetratur. non accuso verba quasi vasa lecta atque pretiosa, sed vinum erroris, quod in eis nobis propinabatur ab ebriis doctoribus, et nisi biberemus, caedebamur, nec appellare ad aliquem iudicem sobrium licebat. et tamen ego, deus meus, in cuius conspectu iam secura est recordatio mea, libenter haec didici et eis delectabar miser et ob hoc bonae spei puer appellabar.
Übersetzung
ausblenden
Bekenntnisse
16. Tadel der herkömmlichen Erziehungsweise.
Aber wehe über dich, du Strom menschlicher Gewohnheit! Wer widersteht dir, oder wann wirst du endlich versiegen? Wie lange noch wirst du die Evaskinder in jenes schreckliche Meer mit dir reißen, über das doch kaum die sicher gelangen, welche das Schifflein der Kirche bestiegen? Warst du nicht schuld, daß ich vom Donnerer Jupiter, der zugleich auch ein Ehebrecher war, las? Er könnte nun zwar unmöglich beides sein, aber man hat es so auf der Bühne dargestellt, damit der wahre Ehebruch mit vollerem Gewichte zur Nachahmung auffordere, wenn ein falscher Donnergott selbst dazu verkuppelt. Doch wer von jenen Lehrern im Rednermantel hört mit verständigem Ohr auf jenen Mann, aus dem gleichen Staube geboren, wenn er sagt: S. 20 "So erdichtete es Homer, der damit Menschliches auf die Götter übertrug; o hätte er doch lieber Göttliches auf uns übertragen"?1 Mit mehr Wahrheit jedoch könnte man sagen: wohl erdichtete jener derlei, aber so, daß er lasterhaften Menschen göttliche Eigenschaften beilegte, damit Schande nicht mehr als Schande gelte und der Ehebrecher nicht verlorene Menschen, sondern die ewigen Götter nachzuahmen scheine. Und doch, du höllischer Strom, wirft man in dich die Menschenkinder hinein und Honorar dazu, damit sie derlei lernen; und etwas Großes ist es, wenn dies sogar öffentlich auf dem Forum vor sich geht, angesichts der Gesetze, die außer dem Honorar noch ein festes Gehalt zubilligen. Dann magst du freilich an den Felsen anschlagen und den Ruf ertönen lassen: "Hier lernt man Worte, hier erwirbt man Beredsamkeit, die überaus wichtig ist zur Führung von Prozessen und zur Entwicklung der Gedanken". Also würden wir sonst diese Worte nicht kennen, Goldregen, Schoß, Betrug, Himmelsgewölbe und andere Worte, die ebendort vorkommen, wenn uns nicht Terenz in jenem Stücke einen nichtsnutzigen Jüngling vorführte, der sich durch die Betrachtung eines Wandgemäldes, welches darstellte, wie Jupiter dem Mythus zufolge einen goldenen Regen in Danaes Schoß gesandt und diese dadurch berückt habe, den Donnergott selbst zum Vorbild in seinem unzüchtigen Tun nimmt? Und man höre, wie er sich gleichsam durch eine Stimme vom Himmel zur Wollust aufstacheln läßt: „Und welch ein Gott ist das! Er, der mit gewaltigem Donner das hohe Himmelsgewölbe erschüttert! Und ich Menschlein sollte das nicht tun? Doch - ich habe es getan und gern“2.
In keinem Falle nun lernt man durch jene Schändlichkeiten diese Worte bequemer, wohl aber verleiten uns solche Worte, solche Schändlichkeiten zuversichtlicher zu begehen. Doch klage ich nicht die Worte an; es sind erlesene, kostbare Gefäße; wohl aber den Wein S. 21 des Irrtums, der uns darin von trunkenen Lehrern kredenzt wurde. Tranken wir den nicht, so erhielten wir Schläge, ohne daß es eine Berufung an einen nüchternen Richter gab. Und doch, mein Gott, vor dessen Angesicht ich jetzt dieser Dinge in Frieden gedenke, ich habe gern diese Worte gelernt, ich Armer hatte meine Freude daran und hieß deshalb ein Knabe, der zu den besten Hoffnungen berechtigte.