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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
26. Die ganze heidnische Religion dreht sich um verstorbene Menschen.
Immerhin ist beachtenswert, wie dieser Ägypter in demselben Zusammenhang, wo er mit Bedauern von der Zeit spricht, da die Einrichtungen in Ägypten ihr Ende finden sollen, die nach seinem eigenen Eingeständnis von weit abirrenden, ungläubigen und der Pflege gotteswürdiger Religion ferne stehenden Menschen getroffen worden sind, unter anderm sagt: „Alsdann wird dieses Land, der hochheilige Boden der Heiligtümer und Tempel, ein großes Gräber- und Totenfeld werden“; als wenn die Menschen, wenn jene Einrichtungen nicht verschwänden, nicht hätten sterben oder die Toten anderswo als im Lande hätten bestattet werden müssen, und selbstverständlich, je längere Zeit verfließen würde, umso größer die Zahl der Gräber würde wegen der sich mehrenden Zahl der Toten. Allein er scheint vielmehr darüber der Trauer Ausdruck geben zu wollen, daß die Gedächtnisstätten unserer Märtyrer an die Stelle ihrer Tempel und Heiligtümer treten würden; es sollten wohl die, die das mit einer uns abgeneigten und schlechten Gesinnung lesen, zu der Meinung kommen, von den Heiden seien Götter in Tempeln verehrt worden, wir aber verehrten Tote in Gräbern. Denn mit solcher Blindheit rennen gottlose Menschen sozusagen wider Berge an und wollen sie Dinge, die ihren Augen wehe tun, einfach nicht sehen, daß sie nicht beachten, wie sich in der gesamten Literatur der Heiden keine oder fast keine Götter finden, die nicht Menschen gewesen wären, denen nach ihrem Tode göttliche Ehren erwiesen werden. Ich will hier nicht erst an Varros Ausspruch erinnern, daß von den Heiden alle Verstorbenen für Manengötter gehalten wurden und an seinen Beweis für diese Behauptung aus dem heiligen Dienst, der fast allen Verstorbenen erwiesen wird, wobei er auch auf die Totenspiele Band 1, S. 438hinweist, als wäre das das Hauptkennzeichen der Göttlichkeit, weil man Spiele nur Gottheiten zu weihen pflege.
Hermes, um den es sich hier handelt, gibt ja selbst in dem nämlichen Buche, worin er wie eine Art Seher klagend spricht: „Alsdann wird dieses Land, der hochheilige Boden der Heiligtümer und Tempel, ein großes Gräber- und Totenfeld werden“, Zeugnis dafür, daß die Götter Ägyptens verstorbene Menschen seien. Nachdem er nämlich erwähnt hat, daß seine Vorfahren, weil sie sich über das Wesen der Götter in schwerem Irrtum befanden und ungläubig waren und unachtsam auf eise gotteswürdige Verehrung und Religion, eine Kunst erfunden hätten, mittels deren sie Götter ins Leben zu rufen vermochten, läßt er sich dahin vernehmen: „Dieser Kunst fügten sie eine entsprechende Kraft aus der Natur der Welt bei und indem sie sie damit verbanden, riefen sie, da sie eine Seele zu schaffen nicht imstande waren, die Seelen von Dämonen oder Engeln herbei und bannten sie in die heiligen Bilder und in die göttlichen Mysterien, damit die Bildnisse durch diese Seelen die Macht hätten, Gutes und Böses zuzufügen.“ Darauf fährt er fort, wie um seine Worte mit Beispielen zu belegen: „Denn dein Großvater1, Asklepius, der Erfinder der Arzneikunde, dem auf einem Berge Lybiens in der Nähe des Krokodilgestades ein Tempel geweiht ist, worin sein irdischer Mensch ruht, d. h. sein Leib — denn sein übrig Teil oder vielmehr der ganze Mensch, wofern der ganze Mensch in Leben und Empfindung besteht, ist in vollkommenerem Zustand in den Himmel zurückgekehrt —, gewährt auch jetzt den kranken Menschen durch seine göttliche Wundermacht all die Hilfe, die er durch die Kunst der Medizin darzubieten pflegte“. Er sagt also mit aller wünschenswerten Deutlichkeit, daß ein Verstorbener als Gott verehrt werde an der Stätte, wo er sein Grab hatte, wobei er jedoch darin sich irrt und irreführt, daß er sagt, er sei in den Himmel zurückgekehrt. Er gibt sodann noch ein weiteres Beispiel: „Und läßt nicht Hermes, mein Großvater, dessen Namen ich führe, in seiner nach ihm benannten Vaterstadt, wo er seinen Sitz hat, Band 1, S. 439allen Sterblichen, die von überallher kommen, seinen Beistand und Schutz angedeihen?“ Dieser ältere Hermes nämlich d. i. Mercurius, den er seinen Großvater nennt, soll sich in Hermopolis, das ist die nach ihm benannte Stadt, befinden. Also von zwei Göttern sagt er ausdrücklich, daß sie Menschen gewesen seien, von Äskulap und von Mercurius. Allein von Äskulap nehmen die Griechen und die Lateiner das gleiche an; Mercurius jedoch gilt in den Augen vieler nicht als Sterblicher, obwohl Trismegistus bezeugt, daß er sein Großvater gewesen sei. Aber der Gott Hermes ist doch ein anderer als der Großvater des Trismegistus, wenn auch beide den gleichen Namen führen. Darüber streite ich nicht lang; mag Hermes-Mercurius ein anderer sein als Hermes, der Großvater des Trismegistus; es genügt, daß auch dieser, wie Äskulap, aus einem Menschen ein Gott ward nach dem Zeugnis eines bei den Seinigen so hoch angesehenen Mannes, eben des Trismegistus, seines Enkels.
Hermes fährt weiter fort: „Wieviele Güter, wir wissen es ja, verleiht doch Isis, des Osiris Gemahlin, wenn sie gnädig ist, wie arg schadet sie, wenn sie zürnt!“ Und um darzutun, daß die Götter, die mittels der erwähnten Kunst von Menschen geschaffen werden, zu dieser Art von reizbaren Göttern gehören (woraus man abnehmen mag, daß er die Dämonen, die nach ihm mittels einer Kunst, welche von weit abirrenden, ungläubigen und unfrommen Menschen erfunden ward, in Bildnisse gebannt wurden, weil diese Göttermacher eben doch keine Seele zu erschaffen vermochten, aus den Seelen verstorbener Menschen erstehen läßt), so schließt er an die angeführten Worte: „wie arg schadet sie, wenn sie zürnt“ die Bemerkung an: „Denn die irdischen und der Welt angehörigen Götter können wohl in Zorn geraten, da sie von den Menschen aus beiden Naturen geschaffen und zusammengesetzt sind“. Unter den „beiden Naturen“ versteht er Seele und Leib, wobei der Dämon die Stelle der Seele, das Bildnis die des Leibes vertritt. „So kam es“, fährt er fort, „daß diese Schöpfungen der Menschen von den Ägyptern als heilige Lebewesen bezeichnet werden und daß in den einzelnen Städten die Seelen, die sich bei Band 1, S. 440Lebzeiten ihrer Träger geheiligt haben, verehrt werden und zwar in der Weise, daß sich die Einwohner nach deren Vorschriften richten und die Städte nach deren Namen benannt werden.“ Wo bleibt nun noch Platz für die heuchlerische Klage und Trauer, daß das Land Ägypten, der hochheilige Sitz der Heiligtümer und Tempel, ein großes Gräber- und Leichenfeld werden würde? Hier hat offenbar der Truggeist, auf dessen Anregung hin Hermes der Klage Ausdruck gab, eben durch des Hermes Mund eingestehen müssen, daß dieses Land schon damals ein Gräber- und Leichenfeld war, ein Friedhof von solchen, die sie als Götter verehrten. Es war der Schmerz der Dämonen, der aus ihm sprach, und sie trauerten darüber, daß ihnen dereinst an den Gedächtnisstätten der heiligen Märtyrer Peinen bevorstehen sollten. Denn an vielen solchen Stätten werden sie gequält und zum Bekenntnis gebracht2 und aus den besessenen Menschenleibern vertrieben.
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De civitate Dei (CCSL)
Caput XXVI: Quod omnis religio paganorum circa homines mortuos fuerit inplicata.
Sane aduertendum est, quomodo iste Aegyptius, cum doleret tempus esse uenturum, quo illa auferrentur ex Aegypto, quae fatetur a multum errantibus et incredulis et a cultu diuinae religionis auersis esse instituta, ait inter cetera: tunc terra ista, sanctissima sedes delubrorum atque templorum, sepulcrorum erit mortuorumque plenissima; quasi uero, si illa non auferrentur, non essent homines morituri, aut alibi essent mortui ponendi quam in terra; et utique, quanto plus uolueretur temporis et dierum, tanto maior esset numerus sepulcrorum propter maiorem numerum mortuorum. sed hoc uidetur dolere, quod memoriae martyrum nostrorum templis eorum delubrisque succederent, ut uidelicet, qui haec legunt animo a nobis auerso atque peruerso, putent a paganis cultos fuisse deos in templis, a nobis autem coli mortuos in sepulcris. tanta enim homines inpii caecitate in montes quodammodo offendunt resque oculos suos ferientes nolunt uidere, ut non adtendant in omnibus litteris paganorum aut non inueniri aut uix inueniri deos, qui non homines fuerint mortuisque diuini honores delati sint. omitto, quod Varro dicit omnes ab eis mortuos existimari manes deos et probat per ea sacra, quae omnibus fere mortuis exhibentur, ubi et ludos commemorat funebres, tamquam hoc sit maximum diuinitatis indicium, quod non soleant ludi nisi numinibus celebrari. Hermes ipse, de quo nunc agitur, in eodem ipso libro, ubi quasi futura praenuntiando deplorans ait: tunc terra ista, sanctissima sedes delubrorum atque templorum, sepulcrorum erit mortuorumque plenissima, deos Aegypti homines mortuos esse testatur. cum enim dixisset proauos suos multum errantes circa deorum rationem, incredulos et non animaduertentes ad cultum religionemque diuinam, inuenisse artem, qua efficerent deos: cui inuentae, inquit, adiunxerunt uirtutem de mundi natura conuenientem eamque miscentes, quoniam animas facere non poterant, euocantes animas daemonum uel angelorum eas indiderunt imaginibus sanctis diuinisque mysteriis, per quas idola et bene faciendi et male uires habere potuissent. deinde sequitur tamquam hoc exemplis probaturus et dicit: auus enim tuus, o Asclepi, medicinae primus inuentor, cui templum consecratum est in monte Libyae circa litus crocodilorum, in quo eius iacet mundanus homo, id est corpus; reliquus enim, uel potius totus, si est homo totus in sensu uitae, melior remeauit in caelum, omnia etiam nunc hominibus adiumenta praestans infirmis numine nunc suo, quae solent medicinae arte praeberi. ecce dixit mortuum coli pro deo in eo loco, ubi habebat sepulcrum, falsus ac fallens, quod remeauit in caelum. adiungens deinde aliud Hermes, inquit, cuius auitum mihi nomen est, nonne in sibi cognomine patria consistens omnes mortales undique uenientes adiuuat atque conseruat ? hic enim Hermes maior, id est Mercurius, quem dicit auum suum fuisse, in Hermopoli, hoc est in sui nominis ciuitate, esse perhibetur. ecce duos deos dicit homines fuisse, Aesculapium et Mercurium. sed de Aesculapio et Graeci et Latini hoc idem sentiunt; Mercurium autem multi non putant fuisse mortalem, quem tamen iste auum suum fuisse testatur. at enim alius est ille, alius iste, quamuis eodem nomine nuncupentur. non multum pugno, alius ille sit, alius iste; uerum et iste, sicut Aesculapius, ex homine deus secundum testimonium tanti apud suos uiri, huius Trismegisti, nepotis sui. adhuc addit et dicit: Isin uero Osiris quam multa bona praestare propitiam, quantis obesse scimus iratam. deinde ut ostenderet ex hoc genere esse deos, quos illa arte homines faciunt - unde dat intellegi daemones se opinari ex hominum mortuorum animis extitisse, quos per artem, quam inuenerunt homines multum errantes, increduli et inreligiosi, ait inditos simulacris, quia hi, qui tales deos faciebant, animas facere non utique poterant - , cum de Iside dixisset, quod commemoraui, quantis obesse scimus iratam, secutus adiunxit: terrenis etenim dis atque mundanis facile est irasci, utpote qui sint ab hominibus ex utraque natura facti atque conpositi. ex utraque natura. dicit ex anima et corpore, ut pro anima sit daemon, pro corpore simulacrum. unde contigit, inquit, ab Aegyptiis haec sancta animalia nuncupari colique per singulas ciuitates eorum animas, quorum sunt consecratae uiuentes, ita ut eorum legibus incolantur et eorum nominibus nuncupentur. ubi est illa uelut querela luctuosa, quod terra Aegypti, sanctissima sedes delubrorum atque templorum, sepulcrorum futura esset mortuorumque plenissima? nempe spiritus fallax, cuius instinctu Hermes ista dicebat, per eum ipsum coactus est confiteri iam tunc illam terram sepulcrorum et mortuorum, quos pro dis colebant, fuisse plenissimam. sed dolor daemonum per eum loquebatur, qui suas futuras poenas apud sanctorum martyrum memorias inminere maerebant. in multis enim talibus locis torquentur et confitentur et de possessis hominum corporibus eiciuntur.