Kap. 20. Selbst die Trauer um die Dahingeschiedenen ist nach Offenbarungen, die Cyprian selbst erhielt, ein Verrat an dem Glauben und der Hoffnung eines Christen.
Wie oft ist auch mir selbst, dem Geringsten und Letzten, geoffenbart, wie häufig und deutlich von Gottes Gnade eingeschärft worden1 , beständig zu bezeugen und öffentlich zu verkünden, daß wir um unsere Brüder nicht trauern dürfen, wenn sie durch den Ruf des Herrn von der Welt befreit worden sind. Wissen wir doch, daß sie nicht verloren gehen, sondern nur vorausgehen, daß sie mit dem Abscheiden uns nur voranschreiten; daß man sich zwar, wie gewöhnlich bei einer Land- oder Seereise, nach ihnen sehnen, aber nicht um sie klagen darf, und daß man nicht hier schwarze Kleider anlegen soll, wenn sie dort bereits weiße Gewänder angetan haben; daß man den Heiden keine Gelegenheit geben darf, uns mit Fug und Recht zu tadeln, weil wir dieselben, die doch nach unserer Behauptung bei Gott leben, als tot und verloren betrauern und den Glauben, den wir in Wort und Rede kundtun, nicht auch mit Herz und Seele bezeugen und beweisen. Heuchler in unserer Hoffnung und in unserem Glauben sind wir, wenn nur vorgetäuscht, wenn nur erdichtet, wenn nur erlogen erscheint, was wir sagen. Es nützt nichts, wenn man in Worten Mut zur Schau trägt und durch Taten seine Echtheit widerlegt.
Von Visionen und Offenbarungen, die Gott ihm zuteil werden ließ, spricht Cyprian wiederholt, um seinen Mahnungen stärkeren Nachdruck zu verleihen [vgl. Briefe: 16, Kap. 4; 11, Kap. 3 und 4; 57, Kap. 1; 66. Kap. 10. Siehe auch Cyprians Leben von Pontius. Kap. 12 u. 13]. Auch von Visionen anderer berichtet er des öfteren [vgl. das vorhergehende Kapitel und Brief 39, Kap. 11. Ausführlicher hat darüber gehandelt: Harnack, „Cyprian als Enthusiast“ in der Zeitschrift für neutestamentlichen Wissensch., Bd. III. ↩
