Vierter Artikel. Die Verblendung und Verstockung dient nicht immer dem Heile des Verblendeten und Verstockten.
a) Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Denn: I. Augustin sagt (Enchir. 11.): „Da Gott im höchsten Grade gut ist, würde Er kein Übel zulassen, wenn nicht jedes Übel Ihm dienen könnte zu etwas Gutem.“ Bei weitem mehr aber ist dies der Fall bei dem Übel, das in Ihm irgendwie seine Ursache hat. Die Verblendung nun und Verstocktheit verursacht Gott (Art. 3). Also dient dies dem Heile des Verblendeten und Verstockten. II. Sap. 1. heißt es: „Gott freut sich nicht am Verderben der Gottlosen.“ Dies würde aber gesagt werden können, wenn Er die Verblendung derselben nicht zu ihrem Heile wendete. So erfreut sich der Arzt der bitteren Arznei, die er dem Kranken giebt, und scheint sich zu ergötzen an dessen Trauer; aber nur weil er diese Arznei zur Gesundheit des Kranken in Beziehung bringt. III. „Bei Gott ist kein Ansehen der Personen,“ wird Act. 10. gesagt. Mancher Verblendung aber bezieht Er zu deren Heile; wie z. B. die einiger Juden, welche verblendet worden, damit sie Christo nicht glaubten und im Unglauben Ihn töteten; nachher aber sich bekehrt haben. Also lenkt Gott die Verblendung aller zu deren Heile. IV. Auf der anderen Seite „muß man kein Übel thun, damit Gutes sich daraus ergebe.“ (Röm. 3.) Die Verblendung aber ist ein Übel. Also verblendet Gott keineswegs einzelne, damit ihr Heil sich daraus ergebe.
b) Ich antworte, die Verblendung sei eine gewisse Vorbereitung für die Sünde; indem sie den Weg für diese frei macht. Die Sünde aber hat zweierlei Beziehung: 1. infolge ihres Charakters als Übel, zur ewigen Verdammnis; — 2. infolge der göttlichen Barmherzigkeit oder Fürsehung, zur Heilung; insoweit Gott erlaubt, daß einzelne in Sünden fallen, damit sie später ihre Sünde erkennen, sich demütigen und bekehren; wie Augustin sagt (de nat. et gratia cap. 22). So nun hat auch die Verblendung kraft ihrer Natur Beziehung zur ewigen Verdammnis; weshalb sie als eine Wirkung der Verwerfung bezeichnet wird. Infolge der Barmherzigkeit Gottes aber wird die Verblendung für eine gewisse Zeit in Beziehung gesetzt wie ein Heilmittel zum Heile der Verblendeten. Diese Barmherzigkeit aber trifft nicht alle, sondern nur die Auserwählten, denen „Alles zum Guten gereicht“ nach Röm. 8. Also mit Rücksicht auf einige gereicht die Verblendung zum Heile; mit Rücksicht auf andere hat sie Beziehung zur ewigen Verdammnis. (Vgl. Aug. de QQ. evangl. qu. 4.)
c)I. Alle Übel, welche Gott sendet oder zuläßt, haben Beziehung zu einem Gute; aber nicht immer zum Heile dessen, in dem sie sind, sondern bisweilen zum Heile anderer und bisweilen zum Besten des All. So bezieht Gott die Schuld der Tyrannen auf das Heil und die Glorie der Märtyrer, und die Strafe der Verdammten zur Verherrlichung seiner Gerechtigkeit. II. Gott freut sich am Verderben der Verdammten, nicht weil es ein Verderben sei an sich; sondern weil er die Gerechtigkeit selbst ist, in deren Macht es steht, alle Schuld geeignet zu bestrafen; oder wegen des Guten, was daraus hervorgeht. III. Daß Gott die Verblendung einzelner diesen zum Heile gereichen läßt, ist eine Wirkung seiner Barmherzigkeit. Daß sie andere zur Verdammnis führt, ist eine Wirkung seiner Gerechtigkeit. Daß dabei kein Ansehen der Person in Frage kommt, ist I. Kap. 33, Art 5 ad III. gesagt worden. IV. Die übel der Schuld darf man nicht thun, um etwas Gutes zu erreichen; wohl aber die Übel der Strafe. L.
