Zweiter Artikel. Der Flecken bleibt in der Seele nach dem Sündenakte.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Nur der betreffende Zustand oder die entsprechende Verfassung bleibt in der Seele nach dem sündigen Akte. Der Flecken aber ist nichts von dem. II. Wie der Schatten vergeht, wenn der Körper sich entfernt; so auch der Flecken der Seele, nachdem die sündige Thätigkeit vorbei ist, nach dem Art. 1 gegebenen Beispiele. III. Jede Wirkung hängt ab von ihrer Ursache. Die Ursache des Fleckens aber ist der Sündenakt. Ist dieser also vorbei, so auch der Flecken. Auf der anderen Seite wird Josue 22. gesagt: „Oder ist es euch etwas Geringes, daß ihr gesündigt habt in Beelphegor; und bis heute haftet euch der Flecken dieses Verbrechens an?“
b) Ich antworte, daß die Makel oder der Flecken der Sünde bleibt nach dem Vorbeigehen des sündigen Aktes. Denn dieser Flecken schließt einen Mangel an Glanz ein infolge der Entfernung vom Lichte der Vernunft oder des göttlichen Gesetzes. Wie lange also der Mensch außerhalb dieses Lichtes bleibt, so lange bleibt in ihm ein derartiger Flecken; und nur wenn er zurückkehrt zu diesem Lichte, schwindet der Flecken. Ist nun aber auch der Sündenakt vorbei, so kehrt der Mensch doch nicht allsobald zurück dahin, wo er früher gewesen. Dazu gehört vielmehr eine Bewegung (der Reue), die der früheren durchaus entgegengesetzt ist; wie wenn jemand sich durch eine Bewegung von etwas entfernt, so ist er nicht dadurch selber daß er in seiner Bewegung aufhört wieder an seinem früheren Platze, sondern er muß vorher die entgegengesetzte Bewegung machen.
c) I. Nichts Positives bleibt nach dem Sündenakte in der Seele zurück als Zustand; wohl aber der Mangel der Verbindung mit dem göttlichen Lichte. II. Ist der dazwischengetretene Körper entfernt, so ist der durchscheinende Körper immer in der nämlichen Nähe des Lichtes geblieben; und deshalb schwindet der Schatten sogleich. So ist es aber nicht bei der sündigen Seele. III. Die Sünde als Akt entfernt von Gott; und dieser Entfernung folgt der Mangel an Glanz. Nicht also wird mit dem Aufhören der Sünde auch die Makel getilgt; da ja die Entfernung von Gott bleibt.
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