Zweiter Artikel. Aus der Gewalt des Teufels sind wir durch das Leiden Christi befreit.
a) Dies wird nicht angenommen. Denn: I. Der Teufel konnte nie den Menschen schaden außer gemäß der Erlaubnis Gottes, wie aus Job 1. hervorgeht. Selbst in die Schweine konnte er nicht fahren außer insoweit der Herr dies zuließ (Matth. 8.). Also hatte der Teufel vorher nie selbständige wirksame Gewalt über die Menschen. II. Der Teufel übt Gewalt aus über den Menschen, indem er dessen Seele versucht und dessen Leib quält. Das thut er aber jetzt noch. III. Die Kraft des Leidens dauert in Ewigkeit, nach Hebr. 10.: „Durch ein Opfer hat Er in Ewigkeit vollendet die geheiligten;“ und sie erstreckt sich überallhin. Die Befreiung aus der Gewalt des Teufels erstreckt sich aber nicht überallhin, denn es giebt noch viele Götzendiener; sie waltet zudem nicht immer, denn zur Zeit des Antichrist wird der Teufel die größte Gewalt haben, nach 2. Thess. 2. Also hat das Leiden Christi nicht vom Teufel und seiner Gewalt befreit. Auf der anderen Seite sagt der Herr bei Joh. 12. vor seinem heiligen Leiden: „Jetzt wird der Fürst dieser Welt herausgeworfen werden; und ich, wenn ich erhöht sein werde von der Erde, werde Alles zu mir ziehen.“
b) Ich antworte, hier sei dreierlei zu beachten: 1. Der Mensch hat es verdient, in die Gewalt des Teufels zu kommen; denn durch dessen Versuchung wurde er überwunden. 2. Gott, der beleidigt worden, hatte gerechterweise den Menschen verlassen. 3. Der Teufel hinderte aus reinster Bosheit das Heil der Menschen. Mit Rücksicht auf das Erste ist der Mensch durch Christi Leiden befreit worden aus des Teufels Gewalt, weil er da den Nachlaß der Sünden erhielt; denn das Leiden ist die Ursache dieses Nachlasses. Mit Rücksicht auf das Zweite hat uns das Leiden des Herrn aus der Gewalt des Teufels befreit, weil es uns mit Gott versöhnte. Und mit Rücksicht auf das Dritte ist dies der Fall, insoweit der Teufel beim Leiden des Herrn die ihm von Gott gegebene Gewalt mißbrauchte und deren Grenzen überschritt; denn er trug bei zum Tode des Herrn, der den Tod, weil ohne Sünde, nicht verdient hatte. Deshalb sagt Augustin (13. de Trin. 14.): „Durch die Gerechtigkeit Christi ist der Teufel besiegt worden; weil dieser, obgleich er in Christo nicht einen des Todes Würdigen fand, dennoch Christum tötete. Und so ist es gerecht, daß jene, welche er als des Todes schuldige gefangen hielt, befreit wurden, wenn sie an denjenigen glauben, den er ohne jedes Verschulden tötete.“
c) I. Nicht als ob er ohne die Erlaubnis Gottes den Menschen schaden könnte, hat der Teufel Gewalt über den Menschen; sondern weil ihm aus Gerechtigkeit gestattet wurde, den Menschen zu schaden, die er durch die Versuchung überwunden hatte. II. Da besteht dieser Unterschied, daß jetzt der Mensch ein Heilmittel hat, wenn der Teufel ihn versucht und quält, durch welches er sich schützen kann, daß er nicht den ewigen Tod verdiene; und vor dem Leiden war dieses Heilmittel gegeben im Glauben an den kommenden Erlöser. Zudem konnte niemand der Hölle (Vorhölle) ausweichen, wogegen jetzt nach dem Leiden der Himmel offen steht. III. Gott erlaubt nach seinen geheimen Ratschlüssen, daß der Teufel zu gewisser Zeit, an gewissem Orte, gewisse Personen versuche; aber das Heilmittel liegt im Leiden des Herrn bereit, um die Versuchung zu überwinden; auch zur Zeit des Antichrist. Wenn die Menschen dieses Heilmittel nun vernachlässigen, darum geht an der wirksamen Kraft des Leidens nichts verloren.
