Fünfter Artikel. Durch sein Leiden hat Christus uns die Thüre des Kimmels geöffnet.
a) Das wird bestritten. Denn: I. Prov. 11. heißt es: „Dem, der Gerechtigkeit säet, wird der entsprechende Lohn zu teil.“ Dieser Lohn aber ist der Eintritt in den Himmel. Also wären die heiligen Vorväter, auch abgesehen vom Leiden Christi, in den Himmel eingetreten; und so war nicht dieses dafür die Ursache. II. Vor dem Leiden wurde Elias in den Himmel entführt. II. Bei der Taufe Christi bereits ist der Himmel geöffnet worden. III. Mich. 2. heißt es: „Aufsteigend bereitete Er vor ihnen den Weg.“ Also ist nicht das Leiden, sondern die Auffahrt zum Himmel die Ursache für die Öffnung des Himmelsthores. Auf der anderen Seite heißt es Hebr. 10.: „Wir haben Vertrauen, in den Himmel einzutreten, in seinem Blute.“
b) Ich antworte, das Schließen der Thüre sei nichts Anderes als ein gewisses Hindernis für das entsprechende Eintreten. Nun wurden die Menschen gehindert in den Himmel einzutreten durch die Sünde, nach Isai. 35.: „Jener Weg wird heilig genannt werden und ein befleckter wird nicht auf demselben wandeln.“ Es besteht aber 1. die allen Menschen gemeinsame Sünde, die Natursünde nämlich; und von ihr steht Gen. 3. geschrieben: „Gott stellte auf einen Cherub mit flammendem, glänzendem Schwerte; daß er hindere den Zutritt zum Baume des Lebens;“ — 2. bestehen die von den Menschen selber begangenen (persönlichen) Sünden. Durch das Leiden Christi nun sind wir nicht nur von der gemeinsamen (Erb-)Sünde befreit worden, indem Er den Lösepreis zahlte; sondern auch werden alle jene, die im Glauben und in der Liebe an seinem heiligen Leiden teilnehmen, durch dieses von den eigenen Sünden befreit. Und so ist die Himmelsthüre durch das Leiden Christi geöffnet worden, was Paulus mit den Worten ausdrückt (Hebr. 9.): „Christus, der Hohepriester der zukünftigen Güter, trat einmal hinein in das Heilige, durch das eigene Blut, nachdem die Erlösung für alle Ewigkeit gefunden war.“ Und dies wurde versinnbildet in Num. 35., wo es heißt: „Der Mörder soll da bleiben“ (in der Zufluchtsstadt) „bis daß der Hohepriester, der gesalbt ist mit heiligem Öle, stirbt; danach kann er in sein Haus zurückkehren.“
c) I. Die heiligen Väter verdienten den Eintritt in den Himmel durch ihre Werte der Gerechtigkeit, die sie im Glauben an das Leiden Christi verrichteten, nach Hebr. 11.: „Die heiligen haben durch den Glauben die Herrschaft erobert, sie haben Gerechtigkeit gewirkt.“ Und ebenso durch den Glauben wurden sie von ihren eigenen Sünden gereinigt. Der Glaube eines einzelnen von ihnen oder ihrer aller insgesamt genügte aber nicht, um jenes Hindernis zu entfernen, welches aus der gemeinsamen, ererbten Sündenschuld erstanden war; dieses Hindernis ward hinweggeräumt durch das Leiden Christi. Vor dem Leiden also konnte niemand in den Himmel und die Seligkeit erlangen, die da besteht in der seligen Anschauung Gottes. II. Elias ist wie Henoch nicht zur Anschauung Gottes erhoben worden, welche bewirkt, daß man nicht mehr sterben kann, sondern Himmelwird da das irdische Paradies oder ein ähnlicher, angenehmer Ort genannt, wo sie leben werden bis zur Ankunft des Antichrist. III. Der Himmel ist damals geöffnet worden, nicht wegen Christi, dem immer der Himmel offen war; sondern um zu bezeichnen, daß der Weg zum Himmel frei ist für die getauften. Die Taufe aber hat ihre Wirksamkeit vom Leiden Christi (Kap. 39, Art. 1.). IV. Christus verdiente für uns den Eintritt in den Himmel durch sein Leiden und entfernte das Hindernis. Durch seine Himmelauffahrt hat Er die menschliche Natur und damit uns gleichsam in den Besitz des Himmels gesetzt.
