Fünfter Artikel. Es war der Zahl nach schlechthin ein und derselbe Leib, den Christus vor dem Tode und nach dem Tode hatte.
a) Das Gegenteil wird bewiesen. Denn: I. Christus war wahrhaft tot wie andere Menschen tot sind. Der Leib aber eines beliebigen anderen Menschen ist nicht schlechthin ein und derselbe der Zahl nach als tot und als lebendig; denn es besteht da ein Unterschied dem Wesen nach. Also ist dies auch so beim Leibe Christi. II. „Was sich der Gattung nach unterscheidet, das unterscheidet sich auch der Zahl nach“ (5 Metaph.). Der tote Leib Christi und der lebendige Leib Christi aber waren unterschieden der Wesensgattung nach; denn ein totes Auge und ein lebendiges Auge läßt nicht die gleiche Definition zu (2. de anima; 7 Metaph.). Also war der tote Leib Christi vom lebenden unterschieden schlechthin der Zahl nach. III. Der Tod ist ein Vergehen. Was aber vergangen ist, das ist dem ganzen substantiellen Sein nach nicht mehr; denn „vergehen“ will besagen eine Änderung vom Sein zum Nichtsein. Also war der tote Körper Christi etwas Anderes wie der lebendige. Auf der anderen Seite sagt Athanasius (ep. ad Epict.): „DerLeib Christi wurde beschnitten und getragen, er aß und trank, arbeitete und war ans Kreuz geheftet; während das Wort Gottes immer unveränderlich und unkörperlich war; dieser Leib ward in das Grab gelegt.“ Also war es der nämliche Körper der tote und lebendige.
b) Ich antworte; dieses „schlechthin“ (simpliciter) kann 1. genommen werden für das, wozu keine beschränkende Bemerkung hinzugefügt zu werden braucht, damit es richtig verstanden (2. Joan.) werde; also für „absolut“; — und danach war schlechthin der Leib Christi vor und nach dem Tode ganz der gleiche. Denn es wird in dieser Weise etwas als schlechthin dasselbe bezeichnet, was dem Fürsichbestehen, dem suppositum nach, dasselbe bleibt. Da nun im toten und im lebendigen Leibe Christi die eine nämliche Person des Wortes als das fürsichbestehende Moment war, so blieb vor und nach dem Tode der eine nämliche Leib. Danach spricht oben Athanasius. Es wird 2. genommen „schlechthin“ für „ganz und gar“; und so war nicht der nämliche Leib da, insofern etwas Wesentliches für den lebendigen Körper, die Seele, fehlte. Würde also gesagt, daß der Leib des Herrn „ganz und gar“ derselbe geblieben sei, so wäre das Vergehen desselben, ich meine, der Tod geleugnet; was die Ketzerei der Gaianiten ist, nach Isidor (8 Etymol. 5.). Diesbezüglich sagt Damascenus (3. de orth. fide 28.): „Vergehen bedeutet 1. die Trennung von Leib und Seele; 2. die vollständige Auflösung in die Elemente. Unvergänglich also den Leib des Herrn vor der Auferstehung nennen in der ersten Weise, wie Julianus und Gaianus thaten, ist gottlos; denn dann wäre der Herr nicht wahrhaft gestorben und wir nicht wahrhaft erlöst.“ In der zweiten Weise war der Leib des Herrn unvergänglich
c) I. Der Leib eines anderen Menschen bleibt nicht der nämliche dem Fürsichbestehen, der Person nach; und somit ist er nicht schlechthin derselbe. Er ist schlechthin ein und derselbe unter einem gewissen Gesichtspunkte, d. h. dem Stoffe und nicht der Wesensform nach. Der Leib Christi aber behielt sein früheres Fürsichbestehen im „Worte“. II. „Ein und dasselbe der Zahl nach“ will besagen: das nämliche eine Fürsichbestehen. „Ein und dasselbe der Wesensgattung nach“ will besagen: die nämliche eine Wesensform. Wo also das Fürsichbestehen nur eine einzige Natur in sich schließt, da verschwindet mit der Einheit der Wesensgattung oder Natur auch die Einerleiheit der Zahl. Das Wort Gottes aber besteht für sich in zwei Naturen. Obgleich also der Körper Christi nicht der nämliche bleibt nach der Wesensgattung der menschlichen Natur, so bleibt er der nämliche nach dem Fürsichbestehen des „Wortes“. III. Das Vergehen und der Tod kommt Christo nicht zu auf Grund der Person oder des Fürsichbestehens, wonach die Einheit oder Einerleiheit bestimmt wird; sondern gemäß der menschlichen Natur, wonach gefunden wird der Unterschied zwischen Tod und Leben.
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