Sechster Artikel. Christus hat keine verdammten aus der Hölle befreit.
a) Dies scheint aber. Denn: I. Isai. 24. heißt es: „Wie ein Ährenbündel werden sie zusammengebunden und in den Sumpf geworfen werden und da werden sie eingeschlossen bleiben im Kerker; nach vielen Tagen aber werden sie heimgesucht werden.“ Es ist aber nach Hieronymus hier die Rede von den verdammten, welche die Sterne anbeteten. Sie sind also von Christo heimgesucht d. h. befreit worden. II. Zu Zach. 9, 2. sagt Hieronymus: „Du hast sie befreit, die da gefesselt lagen in den Kerkern, wo keine Barmherzigkeit sie erfrischte, wie dies jener reiche erflehte.“ Dies sind aber die verdammten. III. Die Macht Christi war in der Hölle ebenso groß wie in der Welt. Hier in der Welt aber hat Er von jedem Stande einzelne befreit. Also hat Er auch einzelne verdammte befreit. Auf der anderen Seite sagt zu Osee 13.: „Ich werde dein Tod sein, o Tod; zu Tode beißen werde ich dich, Hölle,“ Hieronymus: „Die auserwählten hat Er herausgeführt, die verworfenen da gelassen.“
b) Ich antworte, Christus habe in der Hölle gewirkt gemäß der Kraft seines Leidens. Jenen allein also verlieh Er die Frucht seines Leidens, die mit Ihm verbunden waren im Glauben und in der heiligen Liebe, durch welche die Sünden weggenommen werden. In der Hölle der verworfenen aber hatten die darin befindlichen entweder nicht den Glauben wie die ungläubigen; oder sie waren nicht gleichförmig der Liebe Christi und somit in ihren Sünden. Also befreite Er sie nicht von ihren Strafen.
c) I. Alle in der Hölle wurden heimgesucht: die einen zu ihrer Befreiung; die anderen zu ihrer Beschämung und Verwirrung, wie die verworfenen. Deshalb heißt es weiter beim Propheten: „Und der Mond wird erröten und schämen wird sich die Sonne.“ Es kann diese „Heimsuchung“ aber auch verstanden werden von der Heimsuchung am jüngsten Gerichte,wo sie noch schwerer werden verdammt werden, nach Sap. 1: „Heimsuchen werde ich die Männer, die festgeschlossen sind an ihren Schmutz.“ II. Dies „keine Barmherzigkeit erfrischte sie“ in der Glosse ist zu verstehen von der vollkommenen Befreiung der Väter. III. Die Menschen, so lange sie leben, können sich zum Glauben und zur Liebe bekehren; die verworfenen sind unheilbar befestigt im Bösen. Nicht also an der Macht Christi lag es, daß Er keine verworfenen befreite, sondern an der von der Lage der lebendigen verschiedenen Lage.
