Sechster Artikel. Die vom Herrn angeführten Beweisgründe thaten genügend die Wahrhaftigkeit der Auferstehung dar.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Der Herr zeigte nach der Auferstehung den Menschen nichts, was nicht auch Engel zeigen können, die ja auch Erscheinungen machten, aßen und tranken mit den Menschen, mit ihnen als wahre Menschen verkehrten; wie aus Gen. 18. und dem Buche Tobias hervorgeht. Also konnte, was Christus da that nach der Auferstehung, auch von einem Engel ausgehen; und so bewies es in nichts die Wahrhaftigkeit der Auferstehung Christi. II. Christus hatte einen wahrhaftigen und glorreichen Leib. Manches aber, was Er nach der Auferstehung that, war gegen den Glauben an die Wahrhaftigkeit des Leibes, wie daß Er bei geschlossenen Thüreneintrat, plötzlich verschwand und Ahnliches; — Anderes war gegen die Verherrlichung, die Glorie des Leibes, wie daß Er mit den Jüngern aß und trank und die Wundmale beibehielt. Also war dies nicht angethan, um seine Auferstehung überzeugend darzuthun. III. Der Leib Christi war nach der Auferstehung nicht ein solcher, daß er hätte berührt werden dürfen von einem sterblichen Menschen, so daß Er selbst sagt zu Magdalena (Joh. 20.): „Rühre mich nicht an; denn ich bin noch nicht aufgestiegen zum Vater.“ Also hätte Er Sich nicht von den Jüngern berühren lassen sollen. IV. Den Glanz der Herrlichkeit, eine Gabe also am auferstandenen Leibe, hat Christus nie dargethan.V. Der Bericht in den Evangelien über das Zeugnis von seiten der Engel ist ein widerspruchsvoller. Denn nach Matthäus saß der Engel auf dem weggewälzten Steine, nach Markus war er innen im Grabe und ward so von den Frauen gesehen. Zudem sehen diese einen; Johannes sieht deren zwei; bei Lukas stehen die Engel. Auf der anderen Seite „lenkt die göttliche Weisheit Alles mit sanfter Milde“.
b) Ich antworte, Christus habe durch Zeugnisse und durch sinnlich wahrnehmbare Zeichen seine Auferstehung dargethan. Einer doppelten Art Zeugnis hat Er Sich bedient: dessen der Engel, die nach allen Evangelisten den Auferstandenen den Frauen ankündigten; und des Zeugnisses der heiligen Schriften, die Er selber vor seinen Jüngern anführt und erklärt. Damit nun seine Auferstehung als eine wahrhaftige dastehe, zeigt er
a) von seiten des Körpers: 1. Daß sein Körper ein wahrer und kein Scheinkörper sei, weshalb Er sagt: „Tastet und sehet; ein Geist hat kein Fleisch und Bein, wie ihr sehet daß ich habe;“ 2. daß es ein menschlicher sei, weshalb Er ihren Augen die wahre Gestalt seines Körpers zeigt; 3. daß er der Zahl nach derselbe sei wie früher, weshalb Er die heiligen Wundmale beibehält: „Sehet meine Hände und meine Füße, daß ich es bin.“ Er zeigt
b) die Wahrhaftigkeit seiner Auferstehung von seiten der Seele: 1. Von seiten der pflanzlichen Lebensthätigkeit; denn Er ißt und trinkt mit ihnen; 2. von seiten der sinnlichen Lebensthätigkeit; denn Er spricht und antwortet und grüßt die anwesenden; 3. von seiten der vernünftigen; denn Er erläutert ihnen die Schrift. Und damit nichts fehle, zeigt Er ihnen in den Wundern seine göttliche Kraft, sowohl beim Fischfange wie bei der Himmelfahrt; denn „niemand steigt auf gen Himmel außer der da herabsteigt vom Himmel, der Sohn des Menschen, der da ist im Himmel.“ Den Glanz der Herrlichkeit seines auferstandenen Leibes zeigt der Herr den Jüngern dadurch, daß Er bei geschlossenen Thüren eintritt. Und auch daß Er „plötzlich vor ihren Augen verschwand,“ gehört zur Gewalt, nach eigenem Willen von anderen gesehen zu werden oder nicht.
c) I. Wenn nicht jeder einzelne dieser Beweisgründe für sich allein, so sind doch vollgenügend alle zusammen, um die Wahrhaftigkeit der Auferstehung darzuthun; zumal in Verbindung mit den Zeugnissen der Schrift, der Engel und der Wunder. Denn die erscheinenden Engel sagten nicht, sie seien Menschen, sondern Christus sei als wahrer Mensch auferstanden. Zudem war das Essen der Engel kein wahres, denn es war keine Verdauung da, wenn sie auch die Speise verkleinerten und in das Innere verschwinden ließen, weshalb der Engel bei Tobias sagt: „Ich schien, mit euch zu essen und zu trinken; aber ich habe eine unsichtbare Speise.“ Der Körper Christi dagegen war wirklich beseelt und somit aß Er wirklich; „nicht aus Bedürfnis, sondern aus Macht“ (Aug. 13. de civ. Dei 22.; Beda 97. in Luc.). II. Einige Beweisgründe des Herrn dienten dazu, die Wahrhaftigkeit des Leibes darzuthun; andere, um dessen Herrlichkeit zu zeigen. Die Beschaffenheit nun unseres jetzigen Leibes steht entgegen der eines auferstandenen verherrlichten Leibes, nach 1. Kor. 15.: „In Schwäche wird gesäet, in Kraft steht er auf.“ Was also angeführt wird, um die Herrlichkeit des Leibes Christi darzuthun, steht dem Anscheine nach im Gegensatze zur Wahrhaftigkeit des Leibes gemäß der jetzigen Beschaffenheit unseres Leibes. Deshalb sagt Gregor (26. in EvgI.): „Zweierlei Wunderbares und nach menschlichen Begriffen einander sehr Entgegengesetztes zeigte der Herr, als Er nach seiner Auferstehung seinen Leib als einen zu betastenden hinstellte und zugleich als einen unvergänglichen.“ III. Nach Augustin (tract. 121. in Joan.) „ist dies vom Herrn in der Weise gesagt, daß unter der Frau figürlich verstanden werden soll die aus den Heidenvölkern gesammelte Kirche, die da erst glaubte, nachdem der Herr in den Himmel aufgefahren war. Oder es wollte der Herr damit sagen, man solle Ihn in dem festen Glauben berühren, daß Er und der Vater eins sind. Denn im innersten Herzen desjenigen ist der Herr bereits in den Himmel aufgestiegen, der da soweit in Christo vorangeschritten ist, daß er fest überzeugt sei, derselbe sei gleich dem Vater. Diese Frau aber glaubte noch in zu fleischlicher Weise an Ihn, die da Ihn wie einen Menschen beweinte.“ Daß aber ein andermal Magdalena Ihn berührte, als sie mit den anderen Frauen zusammen war, indem sie seine Füße umarmte, „das bereitet keine Verlegenheit,“ wie Severianus schreibt, „denn Jenes (das erste Mal) ist figürlich, Dieses (das zweite Mal) ist dem Wortlaute nach zu verstehen; oder das eine Mal handelt es sich um die Gnade, das andere Mal um die Natur.“ Oder, erklärt Chrysostomus (5. in Joan.), „jene Frau wollte noch mit dem Heilande verkehren wie vor der Auferstehung, da doch der Körper Jesu ein verherrlichter geworden war. Deshalb stellt Jesus der Freude dieser Frau die Worte entgegen: Ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater; als ob Er sagen wollte: Denke nicht, ich führte noch ein Erdenleben, obgleich du mich auf Erden siehst. Denn daß du mich noch auf Erden siehst, dies kommt daher, daß ich noch nicht zum Vater aufgefahren bin; aber in der nächsten Zeit wird dies geschehen. Darum folgt: Ich steige auf zu meinem Vater und zu euerem Vater.“ IV. Nach Augustin (ad Orosium q. 14.) „wollte der Herr seinen Jüngern nicht im Glanze der Herrlichkeit erscheinen, weil ihr Auge selben nicht hätte ertragen können. Denn konnten die Jünger vor seinem Leiden den Glanz der Verklärung nicht anschauen, um wie viel weniger den vollen natürlichen Glanz der Herrlichkeit.“ Zudem wollte Er nach der Auferstehung zumal darthun, sein Leib sei genau der nämliche wie vorher. Dies würde aber die Herrlichkeit am Körper im höchsten Grade gehindert haben. Denn nichts hat so viel verändernden Einfluß auf die Augen wie der blendende Glanz. Vor dem Leiden zeigte Er ihnen in etwa den Glanz der Verklärung, um sie zu stärken; denn solcher Glanz giebt am meisten Trost und freudige Bewunderung. V. Nach Augustin (3. cons. Evgl. 24.) ist der Engel nach Matthäus und Markus so von den Frauen gesehen worden, daß wir annehmen können, sie seien hineingegangen in den Raum, der da Grab genannt wurde, wenigstens ein wenig, soweit der Platz umschlossen war; und da hätten sie den Engel gesehen sitzend auf dem von der Öffnung weggerollten Steine; so daß dies sei „sitzend zur Rechten“ (Matth.). AIs sie aber weiter hineinblickten, da sahen sie dort, wo der Körper des Herrn gelegen, zwei weitere Engel, wie Johannes sagt, die zuerst saßen und dann standen, nach Lulas.
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