Erster Artikel. Die Eucharistie ist ein Sakrament.
a) Das Gegenteil wird behauptet. Denn: I. Die Eucharistie hat zum Zwecke die Vollendung des Menschen. Dafür ist aber schon die Firmung da. Also da ein Sakrament genügend ist für seinen Zweck, so scheint die Eucharistie kein Sakrament zu sein. II. In jedem Sakramente des Neuen Bundes verursacht das sichtbare Zeichen die unsichtbare Wirkung, wie das Abwäschen mit Wasser verursacht den Taufcharakter und das geistige Reinwerden. Die Brots- und Weinsgestalten aber in der Eucharistie, was nämlich da gesehen wird, bewirken weder den wahren Leib Christi, der da ist zu gleicher Zeit sachlicher Inhalt und Sakrament, noch den mystischen Leib, der einzig allein Sache oder Wirkung ist und nicht mehr Sakrament oder Zeichen von etwas Anderem. Also ist die Eucharistie kein Sakrament. III. Die Sakramente des Neuen Bundes werden vollendet im Gebrauchen und Anwenden der Materie; wie die Taufe im Abwaschen mit Wasser, die Firmung im Salben mit Chrisam. Wäre also die Eucharistieein Sakrament, so würde sie vollendet werden im Gebrauchen der Materie und nicht in deren Konsekrierung; — was falsch ist, da die Form des Sakramentes die Worte der Konsekration bilden. Also ist die Eucharistie kein Sakrament. Auf der anderen Seite heißt es in der Kollekte: „Dieses Dein Sakrament möge nicht sein für uns eine Verschuldung, um bestraft zn werden.“
b) Ich antworte, die kirchlichen Sakramente sollen dem Menschen zu Hilfe kommen im geistigen Leben. Da nun das Körperliche besteht gemäß einer gewisien Ähnlichkeit mit dem Geistigen, so kann das geistige Leben beurteilt werden nach dem körperlichen. Offenbar nun gehört zum körperlichen Leben nicht nur die Erzeugung und das Wachsen; sondern auch Nahrung, wodurch das Leben bewahrt wird. Wie also zum geistigen Leben gehört die Taufe als geistige Zeugung und die Firmung als geistiges Wachsen, so gehört zu selbem das Sakrament der Eucharistie als geistige Nahrung.
c) I. Eine doppelte Vollendung hat der Mensch. Die eine ist innerhalb des Menschen selber, zu ihr führt das Wachsen; und diese kommt der Firmung zu. Die andere erhält der Mensch dadurch, daß von außen her etwas zum Menschen tritt, was ihn in seinem Leben bewahrt; wie Speise, Kleider etc.; und diese Vollendung des Menschen paßt zur Eucharistie. II. Wegen der Kraft des heiligen Geistes, nicht also aus sich verursacht das Wasser in der Taufe eine geistige Wirkung; wie Chrysostomus sagt (hom. 35. in Evan.): „In den getauften wirkt nicht schlechthin das Wasser; sondern wenn es die Gnade des heiligen Geistes in sich aufgenommen hat, dann löst es alle Sünden.“ Wie aber die Kraft des heiligen Geistes sich verhält zum Wasser in der Taufe, so verhält sich der wahre Körper Christi zu den Gestalten des Brotes und Weines. Also wirken diese Gestalten nur kraft des wahren Körpers Christi. III. Sakrament wird etwas deshalb genannt, weil es etwas Heiliges (sacrum) in sich schließt. Nun kann etwas heilig sein entweder für sich schlechthin oder kraft der Beziehung zu etwas Anderem. Dies nun ist der Unterschied zwischen der Eucharistie und den anderen Sakramenten, daß die erstere etwas Heiliges an und für sich, schlechthin, in sich enthält. Dagegen hat die Taufe etwas Heiliges nur auf Grund der Anwendung auf etwas Anderes, nämlich die Kraft zu heiligen; und dasselbe gilt von allen anderen Sakramenten. Deshalb wird das Sakrament der Eucharistie vollendet in der Konsekrierung oder Weihung selber der Materie; die anderen Sakramente aber werden vollendet in der Anwendung der Materie auf den Menschen, der geheiligt werden soll. Daraus folgt noch ein anderer Unterschied. Denn in der Eucharistie ist das, was „sachlicher Inhalt (res) und zugleich Sakrament“ ist, also was thatsächlich besteht und zugleich wieder seinerseits eine weitere Wirkung bezeichnet, nämlich der wahre Leib Jesu, innerhalb der Materie allein; — was aber nur sachliche Wirkung ist, nur res, nichts also Weiteres mehr bedeutet, das ist nur im Empfänger, nämlich die gespendete Gnade. Dagegen ist bei der Taufe und den übrigen Sakramenten Beides im Empfänger: nämlich das, was Sache oder Wirkung und zugleich wieder Sakrament, d. h. Zeichen einer anderen geistigen Wirkung ist, der sakramentale Charakter; — und die Gnade des Nachlasses aller Sünden, was nur Wirkung ist und auf keine weitere Wirkung mehr hinweist, also in keiner Weise mehr zugleich Sakrament oder Zeichen ist.
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