Dritter Artikel. Die Notwendigkeit der Eucharistie für das menschliche Heil.
a) Sie ist notwendig zum Heile. Denn: I. Joh. 6. heißt es: „Wenn ihr nicht esset das Fleisch des Menschensohnes und nicht trinket sein Blut, so werdet ihr nicht das Leben in euch haben.“ II. Dieses Sakrament ist eine gewisse geistige Nahrung. Die körperliche Nahrung aber ist notwendig für das körperliche Heil. III. Wie die Taufe, so ist auch die Eucharistie das Sakrament des Leidens Christi, ohne welches kein Heil ist. Denn der Apostel sagt (1. Kor. 11.): „So oft ihr dieses Brot esset und den Kelch trinket, sollt ihr den Tod des Herrn verkündigen bis er kommt.“ Also ist dieses Sakrament zum Heile notwendig. Auf der anderen Seite schreibt Augustin an Bonifacius: „Auch Jenes denket nicht, als ob die kleinen nicht das ewige Leben haben könnten, weil sie nicht teil haben am Leibe und Blute Christi.“
b) Ich antworte; in diesem Sakramente sei zu betrachten: 1. Das Sakrament selber; und 2. die Wirkung (res) des Sakramentes. Letztere ist die Einheit des Körpers der Kirche, ohne die kein Heil ist. Denn niemandem steht das Heil offen, der außerhalb der Kirche sich findet, wie in der Sündflut niemand gerettet wurde, der nicht in der Arche war (2. Petr. 3.). Nun kann aber die Wirkung eines Sakramentes erlangt werden ohne das Sakrament selber, allein durch die Begierde nach dem Sakramente. Also bevor der Mensch dieses Sakrament empfängt, kann er das Heil haben auf Grund der Begierde nach diesem Sakramente, wie ja auch dies von der Taufe gesagt worden (Kap. 68, Art. 2.). Nur besteht dieser Unterschied: 1. Die Taufe ist der Beginn des geistigen Lebens, die Thüre der Sakramente; — die Eucharistie aber gleichsam die Vollendung des geistigen Lebens und aller Sakramente Zweck; denn durch die Heiligung, welche die anderen Sakramente mitteilen, wird die Seele geeignet, die Eucharistie zu empfangen oder zu konsekrieren. Die Taufe also ist notwendig, um das geistige Leben anzufangen, die Eucharistie, um es zu vollenden; so aber, daß es genügt, nach ihr zu verlangen, wie ja auch der Zweck festgehalten wird durch die Absicht und das Verlangen. 2. Durch die Taufe wird der Mensch hingeordnet zur Eucharistie. Und sonach erhalten die getauften Kinder durch die Taufe selber die Beziehung zur Eucharistie; und wie sie glauben auf Grund des Glaubens der Kirche, so verlangen sie auf Grund der Meinung und Absicht der Kirche nach der Eucharistie und empfangen somit die Wirkung des Sakramentes. Zur Taufe aber werden die Kinder durch kein anderes Sakrament hingeordnet; und also haben sie vor dem Empfangen der Taufe dieselbe in keiner Weise dem Verlangen nach, sondern nur die erwachsenen können sie so haben. Die Kinder können somit die Wirkung des Sakramentes der Taufe nicht empfangen, ohne daß sie das Sakrament empfangen. Nicht also in derselben Weise ist notwendig die Eucharistie wie die Taufe.
c) I. „Dieses Fleisch und dieses Blut,“ so Augustin (26. in Joan.), „bedeutet nach dem Heilande die Gemeinschaft mit seinem Körper und mitseinen Gliedern; und dieser Körper ist die Kirche in den vorherbestimmten und berufenen, in den gerechtfertigten und verherrlichten, in den heiligen und gläubigen.“ Und (an Bonifacius): „Niemand soll daran zweifeln, daß dann jeder teilhaft werde des Körpers und des Blutes des Herrn, wann er in der Taufe ein Glied des Leibes Christi wird; und er wird nicht entfremdet der Gemeinschaft dieses Brotes und dieses Kelches, auch wenn er, bevor er jenes Brot ißt und jenen Kelch trinkt, in der Einheit des Körpers Christi feststehend aus dieser Welt scheidet.“ II. Die körperliche Nahrung wird verwandelt in die Substanz dessen, der genährt wird; und somit kann die letztere nicht bestehen, wenn nicht thatsächlich die Nahrung genommen wird. Die geistige Nahrung aber wandelt den Menschen in sich selbst um, nach Augustin (7. Conf. 10.), der gleichsam die Stimme des Herrn hörte: „Nicht du wirst mich in dich verändern wie die Nahrung deines Fleisches; sondern du wirst in mich verwandelt werden.“ Es kann jedoch jemand bereits durch das Verlangen des Geistes in Christo sein; auch ohne den thatsächlichen Genuß dieses Sakramentes. Somit stimmt die Ähnlichkeit nicht. III. Die Taufe ist das Sakrament des Leidens und des Todes Christi, insoweit der Mensch wiedererzeugt wird in Christo durch die Kraft von Christi Leiden. Die Eucharistie aber ist das Sakrament des Todes Christi, insoweit der Mensch vollendet wird in der Einigung mit Christo, der für uns gelitten hat. Wie also die Taufe genannt wird „das Sakrament des Glaubens“, weil dieser das Fundament des geistigen Lebens, dessen Anfang, ist; so heißt die Eucharistie „das Sakrament der heiligen Liebe“, weil diese „das Band der Vollkommenheit“ ist (Kol. 3.).
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