Vierter Artikel. Die Zustimmung zu einer Thätigkeit gehört lediglich dem auf das Höhere gerichteten Teile der Seele an.
a) Das scheint nicht immer der Fall zu sein. Denn: I. Das Ergötzen begleitet die Thätigkeit „und vollendet sie, wie der Glanz der Schönheit die Jugend“, heißt es 10 Ethic. 4. Die Zustimmung aber zum Ergötzen gehört der auf das Niedrigere, Stoffliche gerichteten Vernunft an, wie Augustin (12 de Trin. 12.) sagt. Also nicht immer ist es die auf das Höhere gerichtete Vernunft, die zustimmt. II. Die Thätigkeit, welcher wir zustimmen, wird als freiwillige bezeichnet. Vielen Vermögen aber gehört es zu, freiwillige Thätigkeiten hervorzubringen; also nicht der auf das Höhere gerichteten Vernunft allein gehört es an, der Thätigkeit des Menschen zuzustimmen. III. Die auf das Höhere gerichtete Vernunft „hat acht auf das Ewige, um es zu betrachten und von ihm sich raten zu lassen,“ sagt Augustin. (12 de Trin. 7.) Oft aber stimmt der Mensch einer Thätigkeit zu, nicht um der ewigen Gründe, sondern um rein zeitlicher Vorteile willen und auch wegen der Leidenschaften der Seele. Auf der anderen Seite heißt es bei Augustin (12 de Trin. 12.): „Es kann nicht vom Geiste wirksam beschlossen werden, die Sünde zu begehen, wenn nicht jene Richtung oder jene Meinung des Geistes, bei welcher die höchste Gewalt ruht, um die Glieder zu einem Werke hinzubewegen oder sie von demselben abzuhalten, vor der schlechten Handlung zurückweicht und dient.“
b) Ich antworte; der Endspruch gehört immer dem zu, welcher der höhere ist, bei dem also es steht, über die anderen zu urteilen. Denn so lange das, was vorliegt, noch nicht abschließend, bis zur höchsten Instanz hinauf, beurteilt worden, ist das Endurteil noch nicht gegeben. Es ist aber offenbar, daß die auf das Höhere gerichtete Vernunft über Alles zu urteilen hat. Denn über die sinnlich wahrnehmbaren Dinge urteilen wir vermittelst der den menschlichen Vorteil wahrnehmenden Vernunft; über das aber, was dem menschlichen Vorteil zu dienen berufen ist und über die entsprechenden Gründe in der Vernunft urteilen wir gemäß den von Gott geoffenbarten Gründen, die auf das Ewige, nicht auf das Zeitliche weisen und die der sogenannten höheren Vernunft angehören. So lange es also ungewiß ist, ob wir nach diesen letzteren, die Ewigkeit als Richtschnur nehmenden Gründen Widerstand leisten oder nicht, trägt kein Urteil der Vernunft den Charakter eines Endurteils. Ein solches Endurteil aber ist eben die Zustimmung zu der Thätigkeit. Und somit gehört Zustimmung der auf das Höhere gerichteten Vernunft an, soweit freilich in der Vernunft der Wille eingeschlossen ist.
c) I. Die Zustimmung zum Ergötzen im Werke gehört der höheren Vernunft an, wie auch die Zustimmung zum Werke selber. Die Zustimmung aber zum Ergötzen am Gedanken daran, gehört der niederen Vernunft an, wie auch ihr es zugehört, in unbestimmter, vorbereitender Weise zu denken. Wird jedoch dieses Denken für sich als eine gewisse Thätigkeit genommen, so hat das Endurteil wieder die höhere Vernunft und ebenso betreffs desdamit verbundenen Ergötzens. Nur insoweit das Denken ein Vorbereiten der Mittel ist und somit einer anderen Thätigkeit dient, gehört es der niederen Thätigkeit an. Denn über das, was zu etwas Anderem hingeordnet ist, urteilt eine niedrigere Kunst oder ein niedrigeres Vermögen, wie jene Kunst oder jenes Vermögen, woher der Anschluß an den Zweck selber kommt. So wird auch die Kunst, welche sich mit dem Zwecke beschäftigt, architectonica, d. h. hauptsächliche genannt. II. Die Thätigkeiten sind freiwillige, insofern wir denselben zustimmen; also braucht die Zustimmung nicht einem jeden Vermögen anzugehören, sondern dem Willen, der ja innerhalb der Vernunft sich findet. III. Die höhere Vernunft stimmt zu; nicht nur wenn sie in bestimmter Weise antreibt und zum Handeln bestimmt, sondern auch wenn sie nicht abrät.
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