Zweiter Artikel. „Gebrauchen“ kommt im eigentlichen Sinne den Tieren nicht zu.
a) Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Denn: I. „Genießen“ steht höher wie bloß „Gebrauchen“. Augustin nämlich sagt (10 de Trin. 10.): „Wir gebrauchen jene Dinge, welche wir darauf beziehen, wessen wir genießen sollen.“ „Genießen“ aber kommt im eigentlichen Sinne den Tieren zu. II. Anwenden die Glieder auf etwas zu Wirkendes heißt die Glieder gebrauchen. Das thun aber die Tiere; wenn sie z. B. die Füße anwenden, um zu gehen. Auf der anderen Seite steht der Ausdruck Augustins (83 Qq. 30.): „Eine Sache gebrauchen kann nur ein mit Vernunft begabtes sinnliches Wesen.“
b) Ich antworte, „Gebrauchen“ sei ein Anwenden des zur Thätigkeit fähigen Princips, auf daß es thätig sei; wie „Zustimmung“ ist: Anwenden die Bewegung der Begehrkraft, um thatsächlich zu begehren. Anwenden aber ein Princip auf etwas, damit es thätig sei, kann nur jener, der freie Gewalt hat über ein Princip; und diese freie Gewalt kann nur jener haben, der da weiß, etwas auf ein Anderes zu beziehen, was ja nur der Vernunft eigen ist. Also nur das vernünftige sinnbegabte Wesen stimmt zu und gebraucht.
c) I. „Genießen“ besagt eine absolute Bewegung, eine Bewegung schlechthin der Begehrkraft zum Begehrenswerten ohne irgend welche Voraussetzung und Beziehung; „Gebrauchen“ aber besagt wesentlich etwas mit Beziehung auf Anderes. Mit Rücksicht auf den Gegenstand also steht „Genießen“ höher wie „Gebrauchen“; denn was ohne weitere Rücksicht schlechthin begehrenswert erscheint, ist in diesem Bereiche besser, als was dies nur kraft der Beziehung zu Anderem ist. Mit Rücksicht aber auf die Auffassungskraft, welche vorausgesetzt wird, steht das „Gebrauchen“ höher. Denn etwas vergleichen und auf Anderes beziehen ist der Vernunft eigen; während etwas überhaupt erfassen schon der Sinn kann. II. Getrieben durch den natürlichen Anstoß oder Instinkt haben die Tiere eine gewisse Thätigkeit vermittelst ihrer Glieder; nicht auf Grund dessen daß sie die Beziehung ihrer Glieder zu jenen Thätigkeiten kennen und erwägen. Dies ist aber nicht im eigentlichen Sinne ein Gebrauch der Glieder.
