8.
Ihr werdet, meine Schwestern, sagen, wie denn diese Übung möglich sei. Wenn ihr damals, als der Herr noch auf Erden wandelte, ihn mit leiblichen Augen gesehen hättet, würdet ihr so gehandelt und ihn immer betrachtet haben. Allein da seid ihr im Irrtum. Denn wer sich selbst nicht ein bißchen Gewalt antun will, um den Blick einwärts zu richten und in seinem Innern den Herrn zu betrachten, was doch ohne alle Gefahr und mit ganz geringer Sorgfalt geschehen kann, der würde sich noch viel weniger mit Magdalena unter das Kreuz gestellt und, wie sie, dem Tode getrotzt haben, dessen Gefahr sie vor Augen sah. Ach, was mußten damals die glorreiche Jungfrau und diese gebenedeite Heilige gelitten haben! Welche Drohungen, welch böse Reden, welche Stöße, welche Roheiten! Denn nicht mit anständigen Menschen, nein, mit einer höllischen Rotte, mit Satansdienern hatten sie es zu tun. Fürwahr, Schreckliches mußten sie erduldet haben, wenn nicht etwa das Mitleid mit den noch größeren Schmerzen Jesu sie unempfindlich gegen die eigenen gemacht hat. Glaubet also nicht, meine Schwestern, daß ihr so große Leiden ertragen hättet, wenn ihr so Geringes nicht vermöget! Übt ihr euch aber im Kleinen, dann werdet ihr es allmählich dahinbringen, daß ihr Größeres zu leiden imstande seid.
