4. Eusebius
In den bereits gebrachten Erzählungen haben wir gezeigt, wie die unfruchtbare Wüste Gott reife und fette und ihrem Pflanzer wohlgefällige und allen wohlgesinnten Menschen liebliche und begehrenswerte Früchte hervorgebracht hat. Damit man aber nicht glaube, die S. 61 Tugend sei an einen Ort gebunden und nur die Wüste sei für die Hervorbringung solcher Gewächse geeignet, wohlan, so laßt uns nun in der Erzählung zu der bewohnten Erde übergehen und zeigen, daß sie nicht im geringsten dem Erwerbe der aszetischen Tugend hinderlich ist.
Es ist ein hoher Berg östlich von Antiochien und westlich von Beröa gelegen. Er überragt die umliegenden Höhen, und sein Gipfel hat kegelförmige Gestalt. Von seiner Höhe hat er auch den Namen erhalten, denn die Anwohner pflegen ihn „Spitze” (κορυφήν) [koryphēn] zu nennen. Vor Zeiten war auf seinem höchsten Punkte ein Heiligtum der Dämonen, von den benachbarten Heiden sehr verehrt. Gegen Mittag breitet sich eine Ebene wie ein Meerbusen aus, beiderseits von niedrigen Erhöhungen eingeschlossen. Diese erstrecken sich bis an die Reiterstraße und nehmen beiderseits Wege auf, die von Süden nach Norden führen. Hier werden kleine und große Ortschaften bewohnt, die beiderseits an die Berge angelehnt sind. Am Rande aber des hohen Berges liegt ein sehr großes und volkreiches Dorf, das sie in der Landessprache Teledan nennen. Über dem Fuße des Berges findet sich eine Waldschlucht, nicht sehr steil, sondern nach jener Ebene sanft geneigt, nach Süden schauend.
Hier baute ein gewisser Ammianus eine Aszetenschule. Er glänzte in allen Arten der Tugend, alle aber übertraf er durch seine Demut. Beweis dafür ist, daß er trotz seiner Befähigung, die nicht nur zur Unterweisung der eigenen Schüler, sondern für eine doppelte Zahl genügte, wiederholt zum großen Eusebius kam und bat, er möge ihn zum Mitarbeiter nehmen und zum Erzieher und Lehrer der von ihm gestifteten Schule. Er lebte fünfundzwanzig Stadien davon entfernt in einem sehr kleinen Häuschen eingeschlossen, das keine Lichtöffnung besaß. Es hatte ihn zu dieser Tugend sein Oheim Marianus angeleitet, ein „treuer Diener Gottes”. Dieses eine Wort genügt; denn Gott hat mit dieser Benennung den Moses ausgezeichnet. Dieser Marianus, im Genusse der göttlichen Liebe, wollte nicht allein der geistigen Güter sich erfreuen, sondern auch viele andere S. 62 zu Genossen seiner Liebe machen. So gewann er auch den großen Eusebius und dessen Bruder, der auch in der Lebensweise wahrhaft ihm Bruder war. Denn er hielt es für ungereimt, fernstehende Leute für die Tugend zu fangen, Brudersöhne aber nicht hierfür zu gewinnen. Diese beiden schloß er in eine kleine Zelle ein und leitete sie zu einem englischen Lebenswandel an. Aber den Bruder befiel eine Krankheit, die seinen Lauf abschnitt. Der Krankheit folgte der Tod. Schon wenige Tage nach dem Weggange von dort beschloß er sein Leben.
Der große Eusebius aber blieb bei seinem Oheim, so lange dieser lebte, ohne mit jemand zu sprechen und ohne das Sonnenlicht zu schauen, immer eingeschlossen. Und nach dessen Tod führte er dasselbe Leben weiter, bis ihn jener große Ammianus durch viele und liebevolle Bitten umstimmte. „Sage mir, mein Bester,” sprach er zu ihm, „wem zu Gefallen hast du dieses mühevolle und harte Leben übernommen?” „Nun”, antwortete er, „doch wohl für Gott, den Gesetzgeber und Lehrer der Tugend.” „Also, da du diesen liebst,” sprach Ammianus, „will ich dir eine Weise zeigen, auf die du deine Liebe noch heller entfachen und dem Geliebten noch besser dienen kannst. Wenn jemand seine ganze Sorge auf sich verwendet, der kann, glaube ich, dem Vorwurf der Eigenliebe nicht entgehen. Denn das göttliche Gesetz befiehlt, den Nächsten wie sich selbst zu lieben. Viele an seinem Reichtum teilnehmen zu lassen, ist eine schöne, der Liebe eigene Tat. Diese aber hat der gotterleuchtete Paulus die Vollendung des Gesetzes genannt1. Und wiederum ruft das Wort: ‚Das Gesetz und die Propheten sind zusammengefaßt in dem Satze: du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst2.’ Und der Herr hat in den heiligen Evangelien dem Petrus, weil er bekannte, ihn mehr zu lieben als die andern, seine Schafe zu weiden befohlen3. Denen aber, die dies nicht tun, ruft er durch den Propheten tadelnd zu: ‚O ihr Hirten, S. 63 weiden etwa die Hirten sich selbst, hüten sie nicht die Schafe4?’ Deshalb befahl er auch dem großen Elias, der diese Lebensweise befolgte, mit den Gottlosen zu verkehren. Und den zweiten Elias, den gewaltigen Johannes, der die Wüste lieb gewonnen hatte, sandte er an die Ufer des Jordan und hieß ihn dort taufen und predigen. Da nun auch du Gott, deinen Schöpfer und Erlöser, so heiß liebst, mache, daß viele andere ihn ebenso lieben! Denn das ist unserm gemeinsamen Herrn sehr wohlgefällig. Deshalb ernannte er auch den Ezechiel zum Wächter5 und befahl ihm, den Sündern Zeugnis abzulegen. Und dem Jonas gebot er, nach Ninive zu eilen, und brachte ihn, da er nicht wollte, zwangsweise dorthin.” Durch diese und ähnliche Worte gewann er den heiligen Mann, und nachdem er jenes freiwillige Gefängnis geöffnet hatte, führte er ihn heraus und hinweg und übergab ihm die Leitung seiner Schüler.
Ich aber weiß nicht, was ich mehr bewundern soll, die Bescheidenheit des einen oder die Folgsamkeit des andern. Denn jener floh das Herrschen und wollte lieber einer von den Untergebenen sein, da er die Gefahr des Regierens fürchtete. Der große Eusebius aber gab nach, obgleich ihm der Verkehr mit anderen zuwider war, gefangen durch das Netz der Liebe, und nahm die Sorge für die Herde auf sich. Er führte die Schar an, ohne vieler Worte der Belehrung zu bedürfen. Seine Erscheinung reichte hin, um auch den Trägsten zu scharfem Laufe nach der Tugend anzutreiben. Die ihn gesehen, sagen, daß er immer ein ernstes Gesicht gezeigt habe, das denen, die ihn anblickten, Furcht einjagen mußte. Nahrung genoß er nur alle drei oder vier Tage; seinen Gefährten aber befahl er, sie jeden zweiten Tag zu sich zu nehmen. Fortwährend sollten sie mit Gott verkehren und keine Zeit ohne diese Beschäftigung vorübergehen lassen. Den vorgeschriebenen Dienst Gottes sollten sie gemeinsam verrichten, in den freien Zwischenzeiten sollte jeder für sich entweder unter dem Schatten eines Baumes oder an einem Felsen oder wo S. 64 immer er der Ruhe genießen könne, stehend oder auf dem Boden liegend den Herrn anrufen und um das Heil bitten. So leitete er alle Teile des Körpers zur Tugendübung an und hieß sie nur das tun, was die Vernunft vorschreibt. Um dies allen zu verdeutlichen, will ich nur eine Begebenheit anführen.
Er und der wunderbare Ammianus saßen auf einem Felsen. Der eine las die Geschichte der göttlichen Evangelien vor, der andere erklärte den Sinn der dunkeln Stellen. Drunten in der Ebene pflügten einige Arbeiter das Land, und ihr Anblick fesselte den großen Eusebius. Als nun der gottselige Ammianus um die Erklärung der evangelischen Stelle bat, die er vorgelesen, hieß ihn der große Eusebius die Stelle wiederholen. Da dieser erwiderte, er habe sich wohl am Anblick der Pflüger ergötzt und nicht zugehört, machte er es seinen Augen zum Gesetze, weder jemals auf jene Ebene zu blicken noch sich an der Schönheit des Himmels und dem Chore der Sterne zu ergötzen, sondern benutzte nur noch einen sehr schmalen Pfad im Maße von einer Spanne, wie man erzählte, der zu seinem Bethäuschen führte. Außerhalb desselben gestattete er sich nicht zu gehen. Mehr als vierzig Jahre, sagt man, habe er dieses Gesetz festgehalten. Damit ihn aber zu dem freien Entschlusse hin auch ein gewisser Zwang nötige, legte er einen eisernen Gürtel um die Hüften und ein sehr schweres Halseisen um den Nacken und verband mit einem weiteren Eisen den Gürtel mit dem Halseisen, damit er, so gekrümmt, stets zur Erde zu blicken genötigt wäre. Solche Strafe legte er sich auf für den Anblick jener Landarbeiter.
Das haben mir viele, die ihn gesehen und genau um ihn Bescheid wußten, mitgeteilt. Dasselbe erzählte der greise große Akazius, dessen wir schon früher in anderer Erzählung gedacht haben. Er sagte auch, er habe ihn einmal, da er ihn so gebückt sah, gefragt, zu welchem Ziele er weder den Himmel anzusehen noch die unten liegende Ebene zu betrachten noch außerhalb des schmalen Pfades zu gehen sich verstatte, und er habe geantwortet, dies Gebaren setze er den listigen Angriffen des bösen Feindes entgegen. „Damit er nicht S. 65 im großen mich bekriege”, erklärte er, „und die Mäßigkeit und die Gerechtigkeit zu rauben versuche, nicht zum Zorn reize und die Begierlichkeit entzünde, nicht durch Stolz und Hochmut mich aufblase und vieles andere gegen meine Seele anstifte, verlege ich den Krieg in diese geringfügigen Dinge, wo er, wenn er auch siegt, nicht viel schadet, und wenn er besiegt wird, um so verächtlicher erscheint, sofern er nicht einmal im kleinen Herr werden kann. Da ich also weiß, daß dieser Krieg weniger gefahrvoll ist ― denn wer darin unterliegt, leidet keinen großen Schaden; oder welcher Schaden ist es, die Ebene anzublicken oder die Augen zum Himmel zu erheben? ―, nötige ich ihn zu dieser Art Treffen, worin er nicht töten und nicht niederwerfen kann. Denn diese Geschosse sind nicht tödlich, da sie von jenen eisernen Stacheln frei sind.”
Dieses, sagte der große Akazius, habe er von ihm gehört und er bewundere seine Weisheit und staune über seine kriegerische Tapferkeit und Erfahrung. Darum erzählte er es auch als bewunderungswert und erwähnungswert für solche, die Derartiges kennen zu lernen verlangen.
Dieser sein Ruhm verbreitete sich nach allen Seiten und zog alle Liebhaber der Tugend zu ihm hin. Es kamen auch zu ihm die Vorsteher der trefflichsten Herde des greisen gottseligsten Julianus, dessen Erzählung wir früher gebracht haben. Nachdem nämlich jener gottselige Mann das Ende seiner Tage erreicht hatte und in das jenseitige Leben hinübergegangen war, kamen Jakobus der Perser und Agrippa, die Vorsteher jener Herde, zum großen Eusebius, indem sie es für besser hielten, gut geführt zu werden, als zu regieren. Des Jakobus Tugend habe ich schon früher kurz erwähnt, hier aber will ich einen augenfälligen Beweis seiner hohen Lebensweisheit anführen. Da der gottselige Eusebius, von hier scheidend, ihm die Leitung der Herde übertragen hatte, und er diese Aufgabe ablehnte, darin aber die Genossen, welche diese Übernahme von ihm verlangten, nicht zu begütigen vermochte, begab er sich zu einer anderen Herde, wollte lieber geweidet sein als weiden, und nachdem er lange so gelebt, beschloß er S. 66 dieses Dasein. Darum übernahm das Vorsteheramt Agrippa, mit vielen anderen Tugenden geschmückt, besonders aber mit der Reinheit der Seele. Beim Anblick der göttlichen Schönheit und vom Feuer der Liebe zu ihr entzündet, netzten sich ihm fortwährend die Wangen mit Tränen. Nachdem auch dieser lange Zeit jene auserwählte und göttliche Herde trefflich geleitet und dann aus dem Leben geschieden war, übernahm der gottselige David, dessen Anblick auch ich genießen durfte, die Leitung. Er war ein Mann, der in Wahrheit, wie der Apostel sagt, seine Glieder auf Erden ertötet. Denn er hatte einen so großen Nutzen aus der Schule des großen Eusebius gezogen, daß er fünfundvierzig Jahre in diesem Kloster zubrachte, ohne in dieser langen Zeit eine Anwandlung von Unwillen und Zorn zu zeigen. Seit Übernahme des Vorsteheramtes hat ihn niemand je von dieser Leidenschaft besiegt gesehen, und doch hätte es unzählige Veranlassungen dazu gegeben. Denn hundertfünfzig Männer leitete seine Rechte, die einen schon obenan in der Tugend und um den Wandel im Himmel eifernd, die andern aber noch nicht flügge und erst zu belehren, wie man über die Erde sich erhebe und wie man fliege. Und obgleich so viele zu göttlichen Dingen angeleitet wurden und sich manchmal verfehlten, wie dies natürlich ist, da der Anfänger noch nicht leicht alles recht machen kann, der göttliche Mann blieb unerschüttert wie einer ohne Körper. Nichts konnte ihm Anlaß zum Zorne werden.
Dies weiß ich nicht bloß vom Hörensagen, sondern habe es selbst beobachtet. Aus Verlangen, jene Herde zu sehen, begab ich mich mit einigen Gefährten, welche dieselbe Lebensweise wie ich befolgen, dorthin. Wir brachten eine ganze Woche bei dem göttlichen Manne zu, konnten aber nicht die geringste Veränderung seines Angesichtes wahrnehmen, so daß es etwa einmal heiter gewesen, ein anderes Mal Trauer gekündet, oder sein Auge bald ernst geblickt, bald fröhlich, sondern die Augen behielten immer dieselbe schöne Bescheidenheit: hinreichende Zeugen für die Ruhe seiner Seele.
Nun könnte wohl mancher meinen, wir hätten ihn so beobachtet, weil eben keine Veranlassung zur S. 67 Erregung vorlag. Darum muß ich etwas erwähnen, was sich während unserer Anwesenheit zutrug. Jener gottselige Mann saß bei uns und sprach über die Übung der Vollkommenheit und forschte nach dem Höchsten im evangelischen Wandel. Während dieser Reden kam ein gewisser Olympius zu uns, der Abstammung nach ein Römer, in seiner Lebensweise ebenfalls bewunderungswürdig, mit der priesterlichen Würde geziert und dem Amte eines zweiten Vorstehers betraut. Er machte laut dem gottseligen David Vorwürfe, bezeichnete seine Sanftmut als allgemeinen Schaden, meinte, seine Milde verderbe alle und seine hohe Vollkommenheit sei nicht Sanftmut, sondern Unsinn. Er aber nahm mit einer Seele wie von Diamant diese Reden auf und ließ sich nicht reizen, so sehr sie reizen mußten. Er veränderte nicht seine Miene, unterbrach nicht die begonnene Unterhaltung, sondern mit sanfter Stimme und mit Worten, die die Heiterkeit der Seele anzeigten, entließ er jenen Alten und hieß ihn besorgen, was er wolle. „Ich nämlich”, sagte er, „unterhalte mich, wie du siehst, mit diesen da, die hierhergekommen sind, und ich erachte diesen Dienst für notwendig.” Wie könnte man besser die Sanftmut der Seele zeigen? Denn daß der erste Vorsteher von dem zweiten eine solche Beschimpfung hinnimmt, zumal in Gegenwart von Fremden, die die Schmähungen mitanhörten, und daß er dabei keine Wallung, keine Regung des Zornes erfährt: welches Übermaß von Mannhaftigkeit und Starkmut wird damit nicht überboten? Der Apostel, der auf die Schwäche der menschlichen Natur Rücksicht nahm und nach ihr die Pflicht bemaß, sagt: "Zürnet und sündigt nicht, die Sonne gehe nicht unter über euerem Zorne6.” Denn da er wußte, daß die Regungen des Zornes Sache der Natur, nicht des freien Willens sind, schwer, vielleicht gar nicht zu unterdrücken, wagt er sie nicht durch das Gesetz zu verbieten, sondern bestimmt als Maß für den Sturm des Zornes den Tag, befiehlt, ihn durch die Vernunft in Schranken zu halten und zu zügeln, und läßt ihn die Grenzen nicht überschreiten. Dieser göttliche S. 68 Mann aber kämpfte über die Gebote hinaus. Er übersprang die Einfriedung der Rennbahn und gab dem Zorne keine Frist bis zum Abend, sondern ließ ihn gar nicht aufkommen. So reichen Gewinn hatte er aus dem Umgange mit dem großen Eusebius gezogen.
Noch viele andere Freunde und Eiferer der Vollkommenheit sah ich in jener Zelle, die einen in blühenden Jahren, die anderen in hohem Alter. Männer von mehr als neunzig Jahren wollten das mühevolle Leben nicht aufgeben, sondern taten sich in den anstrengenden Arbeiten der Jugend hervor, Tag und Nacht Gott anrufend und jenen heiligen Dienst Gottes verrichtend, immer erst am zweiten Tage jene ärmliche Speise zu sich nehmend.
Um andere zu übergehen, die nicht übergangen zu werden verdienten, sondern der Verherrlichung und mannigfachen Lobpreisung würdig sind ― aber die Erzählung soll das Maß nicht allzusehr überschreiten ―, so lebte an jenem gottseligen Orte ein Mann namens Abbas, zwar von ismaelitischer Abkunft, aber aus dem Hause Abrahams nicht wie sein Vorfahre verjagt, sondern teilhabend an dem väterlichen Erbe mit Isaak oder besser das Himmelreich an sich reißend. Den Anfang des aszetischen Lebens schon machte er bei einem der besten Lehrmeister, die damals die Wüste bewohnten; sein Name war Marosas. Später gab dieser die Leitung anderer auf und kam mit Abbas zur Herde hierher, und nachdem er da längere Zeit gelebt, herrlich gekämpft hatte und berühmt geworden war, schied er aus dem Leben. Er hatte bereits achtunddreißig Jahre hier zugebracht, aber wie wenn er erst anfinge zu arbeiten, so verlangt er nach Arbeit. Denn bis heute bekleidet er seine Füße nie mit Sandalen, sucht in der Kälte den Schatten auf und setzt sich bei der Hitze der Sonne aus und nimmt wie einen Zephyr ihren Brand auf sich. Die ganze Zeit verschmähte er es, Wasser zu trinken, und doch genoß er nicht Speisen, wie sie jene zu nehmen pflegen, die ohne Trank auszukommen suchen ― solche essen gewöhnlich feuchtere Nahrung ―, sondern dieselben wie die andern Genossen. Dabei aß er wenig, nur soviel, was ihn bei mäßigen Kräften beließ, und hierzu S. 69 deuchte ihn Wassergenuß überflüssig. Seine Lenden hat er mit schwerem Eisen umgürtet, sitzt selten; den größten Teil des Tages und der Nacht bringt er Gott stehend oder auf den Knien liegend den vorgeschriebenen Dienst der Gebete dar. Den Genuß des Liegens hatte er sich ganz und gar versagt; denn bis jetzt hat ihn noch niemand je liegend gesehen, sondern nachdem er das Haupt der frommen Schar geworden und das Vorsteheramt ihm übertragen ward, verwindet er mit Eifer alle diese Mühen und stellt sich seinen Untergebenen als Vorbild in der Vollkommenheit dar.
Derart sind die siegreichen Kämpfer, welche der gottselige Eusebius, der Lehrer und Erzieher in diesem Streite, Gott darstellte. Und sehr viele, die er so ausbildete, schickte er als Lehrer in andere Klöster, welche jenen ganzen heiligen Berg mit den göttlichen Wiesen und duftenden Blumen erfüllen. Denn östlich von der zuerst hier erbauten aszetischen Zelle und westlich und südlich kann man Schößlinge dieser Weisheit erblicken, gleich Sternen um den Mond geschart, die einen in griechischer, die anderen in der Landessprache ihren Schöpfer preisend.
Doch Unmögliches versuchte ich, wenn ich über alle Großtaten jener göttlichen Seele alles berichten wollte. Deshalb muß ich diese Erzählung schließen und zu einer anderen mich wenden, will aber aus dem Vorigen Nutzen ziehen, indem ich um den Segen dieser großen Männer bitte.