2.
[Forts. v. S. 353 ] Sage mir doch, woher bist du gekommen, was tust du, wem willst du hier bei uns die Ehre geben? Denn ich weiß, daß du dich in allem, was du tust, von Gott führen und veranlassen und von dem Wohl derer, welche dich aufnehmen, bestimmen läßt. Bist du gekommen, uns zu sehen oder den Hirten aufzusuchen oder die Herde zu inspizieren? Wir sind (eigentlich) nicht mehr da, (mit dem Verstorbenen) sind wir größtenteils dahingegangen und wollen von dem Jammertale nichts wissen, vor allem jetzt nicht, nachdem wir den weisen Steuermann, die Leuchte unseres Lebens, verloren haben, der uns von Gott das Licht des Heiles brachte, um uns, soferne wir darauf achten, emporzurichten. Der Hirte ist fortgegangen mit allem Guten und aller Hirtenklugheit, welche er sich in langer Zeit erworben hatte; er war reich wie an Jahren, so an Erkenntnissen, und war ― um mit Salomon1 zu reden ― „gekrönt mit ruhmvollem Alter“. Die Herde ist geschlagen und in Bedrängnis, sie ist, wie du siehst, voll Mutlosigkeit und Niedergeschlagenheit. Nicht mehr erholt sie sich auf Weideplätzen, nicht mehr erquickt sie sich an erfrischenden Wassern2. Sie sucht nach Abgründen, Einöden und Schluchten, wo sie sich zerstreuen und zugrunde gehen wird. Nicht kann sie es glauben, daß sie je wieder einen verständigen Hirten bekommen werde. Sie ist fest überzeugt, daß dies nicht der Fall sein wird, und sie wäre schon zufrieden, wenn der Nachfolger nur nicht viel minderer wäre.
