31.
Ich fuhr auf dem jungfräulichen Meere von Alexandrien nach Griechenland auf einem äginäischen Schiffe und zwar zu ganz ungünstiger, aber selbst gewählter Zeit; Anlaß war mir vor allem das Zusammentreffen mit bekannten Schiffsleuten. Bald nach der S. 378 Abfahrt entstand ein so gewaltiger Sturm, daß die Mitfahrenden sich nicht leicht, wie sie behaupteten, an einen solchen erinnern konnten. Während alle den gewöhnlichen Tod fürchteten, wurde mir der Tod der Seele etwas Furchtbareres. Es bestand nämlich für mich Armseligen die Gefahr, daß ich, obwohl ich mich im gefährlichen Meeressturme nach dem geistigen Wasser sehnte, ohne Taufe das Leben verlassen müsse. Ich rief daher und bat inständig, noch etwas länger leben zu dürfen. Und zugleich schrien meine Reisegefährten wegen der gemeinsamen irdischen Gefahr als mitleidige Gastfreunde, welche wegen der Gefahr mitfühlen lernten, nicht aber als Gesinnungsgenossen. Ich litt und mit mir litten meine Eltern, welche infolge nächtlicher Erscheinung von meiner Gefahr wußten. Vom Lande aus halfen sie mir, indem sie durch Gebete die Wogen glätteten, wie wir später nach unserer Heimkehr erfuhren, als wir von diesem Tage sprachen. Diese Hilfe wurde uns auch in einem wohltuenden Schlafe mitgeteilt, den wir, nachdem sich der Sturm etwas gelegt hatte, endlich genießen konnten. (Im Traume) wurde ich über ein finster blickendes, mit dem Tode drohendes Rachegespenst Herr; ganz deutlich hat mir die Nacht dasselbe erscheinen lassen. Ein anderer aus der Reisegesellschaft, ein mir sehr wohlwollender und lieber junger Mensch, der für mich in jener Lage sehr besorgt war, träumte, meine Mutter sei auf das Meer gekommen, habe das Schiff ergriffen und ohne viel Mühe ans Land gezogen. Der Traum bestätigte sich; denn das Meer wurde ruhig und wir landeten alsbald, ohne inzwischen noch viel durchzumachen, auf Rhodos. Von dem Sturme hatten wir selbst den Profit. Denn da wir im Falle der Rettung uns Gott gelobt hatten, haben wir uns auch ihm nach der tatsächlichen Rettung hingegeben.
