III. Brief (an Caius)
Geheimnis der Menschwerdung
Plötzlich ist, was wider Erwarten aus der Verborgenheit ins Offenbarsein herausgeführt wird. Im Hinblick auf Christus aber bezüglich der Menschenliebe (= Menschwerdung), glaube ich, will die Heilige Schrift auch dies dunkel andeuten, daß Er, der Über-Seiende, aus der Verborgenheit hervorgekommen ist in die Sichtbarkeit für uns, in menschliche Seinsweise versetzt (ἀνϑρωπικῶς οὐσιοϑέντα). Verborgen ist Er aber auch noch nach dem Offenbarwerden oder, um es auf göttlichere Weise auszudrücken, im Offenbarwerden selbst: Denn dies Geheimnis Jesu ist verborgen und durch kein Wort und keinen Geist ihm gemäß ausdrückbar (oder ausgedrückt, ἐξῆκται), sondern indem es ausgesprochen wird, bleibt es ungesagt, und indem es erfaßt wird, unerkannt.
(Corderius, S. 1071 f., deutet es als Anspielung auf Mal 3,1.)
IV. Brief (an Caius) Gott-menschliches Sein
Wie, sagst Du, ist Jesus, der über allem ist, allen Menschen in der Seinsweise eingeordnet worden? Er wird ja nicht als Urheber der Menschen dort Mensch genannt, sondern als selbst dem ganzen Wesen nach (οὐσία) wahrhaft Mensch seiend. Wir definieren aber Jesus nicht auf menschliche Weise; denn Er ist nicht ein bloßer Mensch (Er wäre nicht überseiend, wenn Er bloßer Mensch wäre); sondern wahrhaft Mensch, hat Er in außerordentlicher Menschenliebe, über Menschenart und nach Menschenart, aus dem menschlichen Sein (οὐσία) Er, der Über-Seiende, das Sein angenommen (οὐσιωμένο). Er ist aber nichtsdestoweniger übervoll vom Über-Sein, der immer Über-Seiende, wahrlich durch den Überfluß daran. Und so wahrhaft zum Sein (οὐσία) kommend, trat Er überseiend ins Sein und wirkte, was menschlich ist, auf übermenschliche Weise. Das zeigt die Jungfrau, die auf übernatürliche Weise empfängt, und das Wasser, das nicht standfest ist und doch das Gewicht der Füße trägt, die aus Stoff und Erde bestehen, und nicht nachgibt, sondern durch übernatürliche Kraft zusammenhält und nicht auseinanderfließt. Wer möchte wohl noch alles andere durchgehen, da es sehr viel ist? Wer es auf göttliche Weise betrachtet, der wird übergeistig (ὑπὲρ νοῦν) erkennen auch, was von der Menschennatur (= Menschenfreundlichkeit) Jesu behauptet wird und die Kraft einer überragenden Verneinung hat. Um es kurz zusammenfassend zu sagen: Er war nicht Mensch, nicht als Nicht-Mensch, sondern als aus den Menschen stammend über den Menschen und als auf übermenschliche Weise wahrhaft Mensch geworden. Im übrigen tat Er weder das Göttliche auf göttliche Weise noch das Menschliche auf menschliche, sondern als menschgewordener Gott lebte Er unter uns in einem gottmenschlichen Tätigsein (… ἀνδρωϑέντος Θεοῦ, καινήν τινα τὴν ϑεανδρικὴν ἐνέργειαν πεπολιτευμένος).
(Corderius – S. 1073 f. – : Xs = Christus wird nicht so Mensch genannt wie Gott in De Divinis Nominibus Licht, Leben, Weisheit.)
