18.
100. Ahmen wir auch in Jakob das Vorbild Christi nach, damit eine gewisse Ähnlichkeit seiner Handlungen sich bei uns finde. Wir werden seines Looses theilhaftig sein, wenn wir ihm nachahmen. Er gehorchte der Mutter, wich seinem Bruder, diente dem Schwager und suchte seinen Lohn nicht in der Theilung der Heerde, sondern in dem Ueberflusse der erzielten Frucht. Diese Theilung war nicht habgierig, weil der ihm zufallende Antheil so reich war. Auch jenes S. 406 Gesicht der Himmelsleiter war nicht ohne Bedeutung, weil die künftige Vereinigung der Engel und Menschen dadurch vorgebildet erschien. Die Sehne seiner Hüfte fühlte er verdorren, und so wurde das Leiden seines glorreichen Nachkommen zum Voraus angekündigt.
101. Wir sehen also, wie der Himmel sich der Tugend öffnet, und zwar nicht für Wenige, sondern: „Viele werden kommen vom Aufgang und Niedergang und im Reiche Gottes zu Tische sitzen.“ Folgen wir Abrahams Beispiel, damit er auch uns aufnehme in seinen Schooß, wie er den Lazarus, der Erbe seiner Demuth, aber auch reich geschmückt mit eigenen Tugenden war, mit inniger Umarmung hegt. Zwar werden wir nicht in Wirklichkeit in seinem Schooße ruhen, vielmehr wird uns die von Gott bewährte Nachfolge des heiligen Patriarchen das Ruhepolster guter Werke darbieten.
102. Wir sehen also, eine wie schwere Gotteslästerung darin eingeschlossen liegt, wenn wir nicht an die Auferstehung glauben. Wenn wir nicht auferstehen, dann ist Christus vergebens gestorben, dann ist Christus gleichfalls nicht auferstanden. Denn wenn er für uns nicht auferstanden ist, so ist er überhaupt nicht auferstanden, weil gar kein Grund vorhanden war, daß er für sich selbst auferstände. In ihm ist Welt, Himmel und Erde auferstanden, denn es wird ein neuer Himmel, eine neue Erde sein. Wie aber könnte für ihn selbst die Auferstehung als Nothwendigkeit gelten, da ihn die Bande des Todes gar nicht halten konnten? Obwohl er als Mensch gestorben ist, so war er doch auch in der Unterwelt frei.
103. Wlllst du wissen, wie sehr er frei gewesen? „Ich bin geworden“ — sagt der Prophet von ihm — „wie ein Mensch ohne Hilfe, aber unter den Todten ein Freier.“1 Wohl ist S. 407 der frei, der sich selbst erwecken konnte nach seinen eigenen Worten: „Zerstöret diesen Tempel, und in drei Tagen will ich ihn wiederaufbauen.“ Wohl ist der frei, der nur hinabstieg zur Unterwelt, um Andere zu erlösen. Er ist Mensch geworden, nicht bloß dem äußeren Scheine nach, sondern in Wahrheit, und wer wird ihn erkennen? „Er ist den Menschen gleich geworden,“ sagt der Apostel, „und im Äußern wie ein Mensch erfunden; er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode.“2 Durch seinen Gehorsam sollen wir aber auch seine Glorie erkennen: „die Glorie wie des Eingeborenen vom Vater.“
104. Er bedurfte keines Helfers: er mußte denselben entbehren, als er die Welt schuf, damit er seiner auch entbehren könnte, als er die Welt erlöste. Kein himmlischer Bote oder Gesandter kam, sondern der Herr selbst hat ihn gerettet. Wer könnte ihm auch Hilfe leisten, durch den Alles geschaffen ist, durch den Alles besteht? Wer könnte ihm Hilfe leisten, der Alles in einem Augenblicke gemacht hat, der durch den Ton der letzten Posaune Alle erwecken wird? Der „letzten“ Posaune sagen wir; nicht als ob er nicht durch den Ton der ersten, zweiten oder dritten Gleiches wirken könnte: vielmehr wird lediglich die Ordnung beobachtet, nicht weil die entgegenstehende Schwierigkeit sich erst spät überwinden ließ, sondern weil die festgesetzte Zahl erfüllt werden muß.
Nach dem Texte der LXX „ἐν νεκροῖς ἐλείθέρος“ [en nekrois eleitheros], was aber doch nur heißen soll „ein aus dem Verbande der Lebenden Entlassener.“ Der Talmud stützt auf diese Stelle freilich seine Behauptung, daß der Gestorbene ein von der Beobachtung des Gesetzes Entbundener sei. ↩
Phil. 2, 7 f. ↩
