15. Brief des Papstes Bonifacius I. an die Bischöfe Thessaliens.1
Der Papst schärft den Bischöfen die dem Rufus die vom apostolischen Stuhle verliehene Macht und Würde ein.
Den geliebtesten Brüdern, allen in Thessalien eingesetzten Bischöfen (sendet) Bonifacius (seinen Gruß).
1. Die Gründung der ganzen Kirche in ihrem Entstehen nahm ihren Anfang von der Würde des heil. Petrus, auf welchem ihre Leitung und Regierung ruht. Denn aus ihm ergoß sich, wie aus einer Quelle, die kirchliche Lehre über alle Kirchen, da die Entwicklung der Religion zunahm. Dieß bezeugen auch die Anordnungen der nicänischen Synode, so daß diese über ihn Nichts festzusetzen wagte,2 da sie sah, es könne ihm über sein Verdienst Nichts mehr verliehen werden; sie wußte endlich, daß ihm Alles durch das Wort des Herrn verliehen worden. Sicher also ist diese (Kirche) allen auf dem ganzen Erdkreise ausgebreiteten Kirchen (gegenüber) wie das Haupt über seine Glieder, so daß, wer sich von ihr trennt, sich von der christlichen Religion ausschließt, da er nicht mehr in demselben Verbande ist.
2. Ich höre, daß einige Bischöfe mit Verachtung des S. 350 apostolischen Rechtes einen eigenen Neuerungsversuch gegen die Befehle Christi wagen, indem sie sich von der Gemeinschaft und, um es richtiger zu bezeichnen, von der Gewalt des apostolischen Stuhles loszutrennen suchen 3 und deren4 Hilfe begehren, welche keine Anordnung der kirchlichen Regeln mit höherer Macht ausstattete. Denn man liest die Vorschriften der Vorfahren und findet diejenigen, welchen sie in der Kirche irgend ein Recht verliehen haben. Der aber verletzt schon die kirchliche Disciplin, welcher sich in ihre Gesetze, obschon ihm Nichts gebührt, einschleicht und sich das anmaßt, was ihm die Väter offenbar vorenthielten.
3. Empfanget also unsere Ermahnung und Zurechtweisung, von denen wir die eine den Bischöfen,5 die andere den Abtrünnigen ertheilen. Denn deßhalb sagt der Apostel:6 „Was wollt ihr, soll ich mit der Ruthe zu euch kommen oder mit Liebe und im Geiste der Sanftmuth?" Ihr wisset ja, daß der heil. Petrus Beides kann, die Sanftmüthigen nemlich in Sanftmuth, die Hochmüthigen mit der Ruthe zurechtweisen.
4. Bewahret demnach die dem Haupte schuldige Ehrfurcht, weil wir nicht wollen, daß die Glieder sich gegenseitig bekämpfen, so daß sich ihr Streit bis zu uns her ausdehnt, indem ihr unsern Bruder und Mitbischof Rufus verachten zu dürfen glaubt, dem doch unsere Auctorität nichts Neues verlieh, sondern nur der Gnade der Vorgänger gemäß, durch welche ihm die Sorge für die Kirchen oft übertragen wurde. Dieß wollen wir für die Zukunft ebenso unversehrt erhalten, wie auch von den Vätern die Norm S. 351 dieser Anordnung bewahrt wurde. Es ziemt sich nicht, daß Brüder einen Andern um seine Würde beneiden. Sollte Jemandem eine ungebührliche Zurechtweisung widerfahren sein, so war es, da der apostolische Stuhl deßhalb die Oberherrschaft besitzt, damit er die Allen erlaubten Klagen annehme, in der Ordnung, daß ihr durch eine Gesandtschaft uns hierüber interpellirtet, da ihr ja sehet, daß uns die Sorge für Alle obliegt. Aufhören soll die neue Anmaßung. Niemand wage etwas Unerlaubtes zu hoffen. Niemand bestrebe sich, die Handlungen der Väter und das durch so lange Zeit Bewahrte zu verletzen. Jeder gehorche unserer Anordnung, der sich als Bischof weiß. Keiner unterfange sich, in Illyricum ohne Mitwissen unseres Mitbischofs Rufus Bischöfe zu ordiniren7 u. s. w. Gegeben am 11. März unter dem 13. Consulate des Honorius und dem 10. des Theodosius, unserer Kaiser.
Coustant p. 1037 unter Num. XIV., Mansi VIII. p. 755, Holsten. Coll. rom. I. p. 65. ↩
Ähnlich drückte sich später Nicolaus I. aus in seinem 8. Briefe. ↩
Vgl. oben S. 348 Note 2 zum vorigen Briefe. ↩
D. i. des Bischofs Atticus von Constantinopel. ↩
Coustant möchte statt pontificibus im Gegensatz zu dissidentibus lieber participibus setzen. ↩
I. Cor. 4, 21. ↩
Hier ist offenbar mehreres ausgelassen; wahrscheinlich kann jetzt die Ordination des Maximus und überhaupt das in n. 4 des vorhergehenden Briefes berührte zur Sprache. ↩
