3.
S. 111Es wird also, Geliebteste, der Erlöser nicht aus dem Samen des Fleisches, sondern aus dem Heiligen Geiste geboren, damit auf ihn das Verdammungsurteil der ersten Sünde keine Anwendung finde. Darum verlangt auch von uns gerade die Größe des verliehenen Gnadengeschenkes eine seiner Ansehnlichkeit würdige Verehrung: „Aus dem Grunde haben wir ja“, wie der selige Apostel lehrt, „nicht den Geist dieser Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, auf daß wir wissen, was uns von Gott verliehen worden ist!“1 . Dieser wird nur dann in frommer Weise verehrt, wenn man ihm das als Opfer darbringt, was er uns selbst gegeben hat. Was aber können wir unter den Schätzen, mit denen uns die Freigebigkeit des Herrn bedachte, für das heutige Fest Geeignetes finden, als den Frieden, der bei der Geburt des Herrn zuerst durch den Chor der Engel verkündet wurde?2 . Gerade dieser ist es, der Kinder Gottes hervorbringt, die Liebe nährt und die Eintracht gebiert, „er“, die Ruhestätte der Seligen und der Wohnsitz der Ewigkeit. Seine ureigene Wirkung, sein besonderes Verdienst ist es, die Menschen von der Welt loszureißen und mit Gott zu vereinen. Darum feuert uns auch der Apostel zur Erwerbung dieses Gutes an, indem er sagt: „Da wir nun durch den Glauben gerechtfertigt sind, so lasset uns Friede n haben mit Gott!“3 . In diesem kurzen Ausspruch ist die Wirkung fast aller Gebote enthalten; denn dort, wo wahrer Friede wohnt, wird auch keine Art der Tugend fehlen können. Was aber heißt, Geliebteste, „Frieden haben mit Gott“ anders, als „wollen“, was er „befiehlt“, und „nicht wollen“, was er „verbietet“? Denn wenn schon unter den Menschen gleiche Gesinnung und ähnliche Bestrebungen Erfordernisse der Freundschaft sind und Verschiedenheit des Charakters niemals zu fester Eintracht führen kann, wie sollte dann der des göttlichen Friedens teilhaftig werden, dem das gefällt, was Gott mißfällt, der in jenen Dingen sein Vergnügen sucht, an denen der Herr, wie er S. 112weiß, Anstoß nimmt? Eine solche Gesinnung ist nicht die der Kinder Gottes, und mit solcher Weisheit befassen sich nicht jene, die durch Annahme an Kindes Statt geadelt sind. Dieses auserkorene und königliche Geschlecht4 handle im Einklang mit der Würde seiner Wiedergeburt! Es liebe, was der Vater liebt, und setze sich in nichts zu seinem Schöpfer in Widerspruch, damit nicht der Herr aufs neue ausrufe: „Söhne habe ich gezeugt und erhöht; sie aber haben mich verachtet. Es kennt das Rind seinen Eigentümer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat mich nicht erkannt und mein Volk hat mich nicht verstanden“5 .
