3.
Da also die Enthaltsamkeit die Mutter aller Tugenden, solche Früchte zeitigt und die Fastenden von einem lasterhaften Leben zu unbeschreiblichen Wonnen führt, so laßt uns in diesen Tagen, Geliebteste, mit noch größerem Eifer an die Erfüllung der uns den Himmel erschließenden Gebote gehen! Und weil das ganze Ostergeheimnis die Vergebung der Sünden bezweckt, so wollen wir uns zum Vorbild nehmen, was wir zu feiern wünschen! Denn der barmherzige und gerechte Herr knüpft die verheißene Verzeihung an die Bedingung, daß die, deren er schont, gleichfalls Nachsicht üben. Als er uns nämlich unterwies wie wir seinem Willen gemäß zu Gott dem Vater beten sollen, fügte er die Worte hinzu: „Wenn ihr den Menschen ihre Vergehen vergebt, so wird euer himmlischer Vater auch euch euere Sünden vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird auch euch euer Vater euere Sünden nicht vergeben“1 . Wahrlich, gerecht und gütig ist die hier ausgesprochene Bedingung! Gibt sie ja dem Menschen Anteil an der Macht Gottes, so daß er dessen Urteil, ganz wie er es selber will, gestalten kann und den Herrn zu dem Spruch nötigt, den er selbst über seinen Mitknecht gefällt hat. Laßt uns daher Untergebene und Gleichgestellte lieben, da sie die nämliche Natur wie wir selber haben! Und weil jeder sich vergeht, so möge auch jeder verzeihen! Laßt uns nicht ungern gewähren, was wir uns so gerne gefallen lassen! Dann werden wir auch dereinst um so reiner von Sünden sein, je mehr wir durch reichliche Almosen oder durch Nachsicht gegen die Verfehlungen anderer Barmherzigkeit übten. Durch unseren Herrn Jesus Christus, der mit dem Vater und dem Heiligen Geiste lebt und waltet in Ewigkeit. Amen.
Mt 6,14;18,35; Mk 11,25f ↩
