3.
Darum dürfen wir uns auch nicht, Geliebteste, des Kreuzes Christi schämen, das er auf Grund göttlichen Ratschlusses, nicht aber wegen einer persönlichen Schuld auf sich nahm. Obgleich nämlich der Herr Jesus unserer schwachen Natur nach wirklich gelitten hat und auch wirklich gestorben ist, so entsagte er doch nicht in dem Grade seiner Herrlichkeit, daß er während seines an Beschimpfungen so reichen Leidens von seinem göttlichen Wirken gar keinen Gebrauch gemacht hätte. (Versetzen S. 270wir uns in den Garten Gethsemani!) Der gottlose Judas warf da das Schafskleid ab und zeigte jetzt seine wilde Wolfsnatur1 , indem er sein furchtbares Verbrechen unter dem Schein des Friedens begann und mit einem Kusse, der grausamer war als jede Waffe, das Zeichen gab, das Christus verraten sollte. Ein wütender Volkshaufen, der sich der Abteilung bewaffneter Soldaten angeschlossen hatte, um den Herrn gefangenzunehmen, vermochte bei seiner Verblendung trotz aller Fackeln und Laternen das „wahre Licht“2 nicht zu erkennen. Da fragte der Herr, der nach dem Zeugnisse des Evangelisten Johannes die tobende Menge lieber erwarten als vor ihr fliehen wollte, ohne noch entdeckt zu sein, wen sie suchten. Und als jene antworteten:„Jesus“, fuhr er fort: „Ich bin es“3 . Und dieses Wort traf die aus den rohesten Gesellen zusammengewürfelte Rotte wie ein vernichtender Blitzstrahl, so daß der ganze unbändige, wilde und Furcht einflößende Haufe zurückwich und zu Boden stürzte. Was half da alle Verschwörung seiner grausamen Feinde, was all die Wut seiner erbitterten Gegner, was das Aufgebot bewaffneter Knechte? Der Herr spricht: „Ich bin es“, und die ganze Horde der Gottlosen stürzte auf dieses Wort hin zu Boden. Wie gewaltig muß da erst seine Macht sein, wenn er in Glanz und Herrlichkeit kommen wird, um zu richten4 , da er schon als armseliger Mensch, der gerichtet werden sollte, so Großes vermocht hat!
