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Wie wunderbar ist doch die Macht des Kreuzes und wie unsagbar groß das Verdienst des Leidens! Das S. 311Kreuz ist der Richterstuhl Christi, und durch das Leiden wird über die Welt das Urteil gesprochen und der Gekreuzigte verherrlicht. „Alles hast du, o Herr, an dich gezogen.“ Das ganze Weltall fühlte es, daß es deiner Majestät ein Zeugnis schulde, als du den ganzen Tag über deine Hände nach dem ungläubigen und widerspenstigen Volke ausstrecktest1 . „Alles hast du, o Herr, an dich gezogen;“ denn alle Naturkräfte gaben das gleiche Verdammungsurteil gegen das fluchwürdige Verbrechen der Juden ab: Die Gestirne des Himmels hüllten sich in Dunkelheit, der Tag verwandelte sich in Nacht, und ein ungewöhnliches Beben erschütterte die Erde, kurz, die ganze Schöpfung versagte den Gottlosen ihren Dienst2 . „Alles hast du, o Herr, an dich gezogen“, als durch das Zerreißen des Tempelvorhangs den unwürdigen Priestern das Allerheiligste genommnen ward und so an Stelle des Vorbilds die Wahrheit, an Stelle der Prophezeiung die Verwirklichung und an Stelle des Gesetzes das Evangelium trat. „Alles hast du, o Herr, an dich gezogen“, so daß nunmehr, wo das Geheimnis erfüllt und enthüllt ist, alle Völker auf der weiten Erde verehren, was ehedem in dem einen Tempel Judäas in vorbildlicher Weise gefeiert wurde. Darum ist auch jetzt der Stand der Leviten ehrwürdiger, der Rang der Ältesten größer und die Weihe der Priester heiliger, da dein Kreuz die Quelle aller Segnungen und die Ursache aller Gnaden ist. Durch das Kreuz wird den Gläubigen von der Schwachheit Kraft verliehen, von der Schmach Ehre und vom Tode das Leben. Und da man Gott jetzt nicht mehr allerlei Tiere darbringen soll, finden all die verschiedenen Schlachtopfer3 in dem einen Opfer deines Leibes und Blutes ihre Erfüllung; „denn du bist das wahre Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt“4 . Und in der Weise verwirklichst du in dir alle geheiemnisvollen Vorbilder, daß alle Völker zu einem Reiche vereinigt werden, wie auch ein Opfer an Stelle aller getreten ist.
