42. Cap. Auch die Besprechung des Todes und des Schlafes gehört in die Seelenlehre.
Noch ist übrig der Tod, um sich da als Gegenstand darzubieten, wo die Seele fertig ist.1 Indes Epikur leugnet in landläufiger Anschauungsweise, dass der Tod uns etwas angehe. Denn was aufgelöst S. 353 wird, sagt er, ist empfindungslos, und was empfindungslos ist, geht uns nichts an. Aber nicht der Tod selbst wird aufgelöst und ist empfindungslos, sondern der Mensch, der ihn erleidet. Epikur misst ihm dagegen das Leiden bei, dessen Vollstreckung er nur ist. Wenn nun der Mensch den Tod erleiden muss, der seinen Körper auflöst und seinen Empfindungen ein Ende setzt, wie läppisch ist es, zu sagen, ein so machtvolles Ereignis gehe den Menschen nichts an!
Viel gezwungener sagt Seneca: „Nach dem Tode ist alles aus, auch der Tod.” Wenn dem so ist, so geht der Tod sich selbst etwas an, wenn er es nämlich ist, der ein Ende nimmt, und noch näher geht er den Menschen etwas an, in welchem er, indem alles endigt, selbst sein Ende nimmt. Der Tod geht uns nichts an, also –— auch nicht das Leben. Denn wenn wir in irgendetwas aufgelöst werden ausserhalb unserer Person, so werden wir auch irgendwozu zusammengefügt ausserhalb unser. Wenn die Hinwegnahme der Empfindung uns nichts angeht, dann auch deren Erlangung nicht. Mag den Tod töten, wer die Seele tötet! Wir aber wollen uns, wie über das nach dem Ende folgende Leben und das andere Reich der Seele, so auch über den Tod verbreiten. Wir gehen ihn etwas an, wenn er uns nichts angehen sollte. Auch sein Spiegelbild, der Schlaf, ist uns kein fremdartiger Gegenstand.
Der Text ist handschriftlich nicht sicher. Sowohl Rigaltius als Öhler fassen diese Stelle anders, allein keine der gegebenen Erklärungen befriedigt mich. Es dürfte wohl am einfachsten sein, statt ponat zu lesen ponat' = ponatur. ↩
