2.
Der Jude steht nun vor der Notwendigkeit, offen zu erklären, ob er die Beschneidung als eine solche fleischlicher Art oder als eine geistiger Art vertreten will. Vertritt er sie als eine geistige, warum rühmt er sich dann des Fleisches? Vertritt er sie als eine fleischliche, so kann sie für die Seele keinen Nutzen bringen: „denn Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht besitzen.“1 Dazu kommt, daß die Beschneidung im Widerspruch steht mit dem Sabbatgebot, von dem er betont, daß man dasselbe auf keinen Fall durch irgendeine Arbeit verletzen darf. Denn es kommt doch sehr oft vor, daß ihm am Sabbat ein Sohn geboren wird. Beschneidet er ihn nicht nach dem Gesetz am achten Tage, also am darauffolgenden Sabbat, so muß „das Leben seines Kindes aus dem Volke ausgerottet werden".2 Da soll er nun, geliebte Brüder, sich entscheiden, was er will: die Beschneidung vornehmen oder sie verschieben. Nimmt er die Beschneidung vor, so bricht er den Sabbat;3nimmt er die Beschneidung nicht vor, so macht er mit dem Untergang des unschuldigen Lebens die Rechte der Beschneidung wertlos; denn allein der achte Tag, nicht der siebente und nicht der neunte, hat von Gott das Privileg der Beschneidung empfangen; und daraus ergibt sich notwendigerweise, daß beides wertlos ist, wenn das eine von den beiden nicht zur Ausführung kommen kann.
