Edition
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De corona militis
V
[1] Maior efficitur ratio christianarum obseruationum, cum illas etiam natura defendit, quae prima omnium disciplina est. Ideoque haec prima praescribit coronam capiti non conuenire. Puto autem, naturae Deus, Deus noster, qui figurauit hominem et fructibus rerum appetendis, iudicandis, consequendis certos in eo sensus ordinauit propria membrorum quodam modo organa: auditum in auribus fodit, uisum in oculis accendit, gustum in ore conclusit, odoratum in naribus uentilauit, contactum in manibus extimauit. [2] Per haec exterioris hominis ministeria interiori homini ministrantia fructus munerum diuinorum ad animam deducuntur a sensibus. Quis igitur fructus ex floribus? Substantia enim propria, certe praecipua, coronarum flores agri. Aut odor, inquis, aut color, aut pariter utrumque. Qui erunt sensus coloris et odoris? Visus, opinor, et odoratus. Istos sensus quae membra sortita sunt? Oculi, nisi fallor, et nares. Vtere itaque floribus uisu et odoratu, quorum sensuum fructus est, utere per oculos et nares, quae eorum sensuum membra sunt. Substantia tibi a Deo tradita est, habitus a saeculo. [3] Quamquam nec habitus extraordinarius ordinario usui obstrepit: hoc sint tibi flores et inserti et innexi, et in filo et in scirpo, quod liberi, quod soluti: spectaculi scilicet et spiraculi res. Coronam, si forte, fascem existima florum per seriem comprehensorum, ut plures semel portes, ut omnibus pariter utaris. Iam uero et in sinum conde, si tanta munditia est, et in lectulum sparge, si tanta mollitia est, et in poculum crede, si tanta innocentia est: tot modis fruere quot et sentis. [4] Ceterum in capite quis sapor floris, quis coronae sensus, nisi uinculi tantum, quo neque color cernitur neque odor ducitur nec teneritas commendatur? Tam contra naturam est florem capite sectari quam cibum aure, quam sonum nare. Omne autem, quod contra naturam est, monstri meretur notam penes omnes, penes nos uero etiam elogium sacrilegii in Deum, naturae dominum et auctorem.
Traduction
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Vom Kranze des Soldaten (BKV)
5. Kap. Blumen in Form von Kränzen auf dem Kopfe zu tragen scheint gegen ihre natürliche Bestimmung zu sein.
Die innere Begründung der christlichen Übungen wird um so stärker, wenn ihnen die Natur, welche ja der ursprüngliche Maßstab für das richtige Verhalten aller Dinge ist, zur Seite steht. Daher ist diese denn auch die erste, welche die Rechtseinsprache erhebt, daß kein Kranz auf das Haupt gehöre. Meine Ansicht ist die, unser Gott sei der Gott der Natur, derselbe, welcher den Menschen gebildet und ihm, um ihm das Begehren, Beurteilen und Erlangen des Nutzens, den die Dinge gewähren, zu ermöglichen, die bekannten Sinne gegeben hat nebst ihren an den Gliedern befindlichen besonderen Organen. Die Fähigkeit zu hören hat er in die Ohren gelegt, das Licht des Sehens in den Augen angezündet, das Schmecken an die Zunge gebunden, das Geruchsvermögen in der Nase angefacht, das Gefühlsvermögen außen in den Händen angebracht. Durch diese Verrichtungen des äußeren Menschen, welche dem inneren Menschen dienen, wird der Genuß und der Gebrauch der göttlichen Gaben von den Sinnen zur Seele hinübergeleitet. Welches ist nun der Nutzen, den man von den Blumen hat? Denn den eigentlichen, oder doch wenigstens den vornehmsten Bestandteil der Kränze bilden ja Blumen des Feldes. Die Antwort lautet: ihr Duft, ihr Anblick oder beides zugleich. Welches sind nun die für das Riechen und Anblicken bestimmten Sinne? Ich denke doch, das Gesicht und der Geruch. Welchen Gliedern sind diese Sinnestätigkeiten zugewiesen? Den Augen und der Nase, wenn ich nicht irre. Mache also Gebrauch von den Blumen durch Gesicht und Geruch, vermittels der Sinne, denen die betreffende Annehmlichkeit zugehört; mache Gebrauch davon mittels der Augen und der Nase, mittels der Sinne, deren Glieder diese sind. Die Sache selbst ist dir von Gott übergeben worden, die Art S. 241der Verwendung von der menschlichen Allgemeinheit1. Trotzdem widerstrebt auch die außergewöhnliche Art eigentlich dem gewöhnlichen Gebrauche nicht; denn Blumen, aneinandergereiht oder eingeflochten, an einen Faden oder an Binsen, sollen dir dasselbe sein, wie frei und angeflochten, nämlich eine Sache zum Ansehen und um daran zu riechen. Einen Kranz soll man höchstens für ein Bündel von Blumen ansehen, die darum in einer Reihe aneinandergefaßt sind, um mehrere auf einmal tragen und mehrere zugleich genießen zu können. Stecke sie dir auch noch an den Busen, wenn es sich darauf so weich liegt, und tue2 sie in den Trinkbecher, wenn das unschädlich ist. Bediene dich ihrer auf alle die Arten, wie du sie sinnlich wahrnimmst. Aber auf dem Kopfe? - was hat man da für einen Genuß von der Blume? was für eine Empfindung vom Kranze? Nichts als die Empfindung einer Fessel, weil man weder die schöne Farbe sieht, noch den Duft einatmet, noch die Zartheit sich bemerklich macht. Blumen auf dem Kopfe haben zu wollen, ist ebensosehr gegen die Natur, als eine Speise mittels des Ohrs, einen Schall mittels der Nase ergreifen zu wollen. Alles, was widernatürlich ist, verdient das Brandmal der Ungeheuerlichkeit bei allen, und bei uns auch noch den Titel eines Sakrilegiums gegen Gott, welcher der Herr und Urheber der Natur ist.
saeculum ist hier = hominum universitas, der allgemeine menschliche Gebrauch. ↩
Die Lesart crede ist schon mehreren verdächtig vorgekommen. Ich kann damit nichts anfangen, und da das vorgeschlagene inde sich zu weit vom Text entfernt, so denke ich an conde. Übrigens ist über die fragliche Sitte der Alten leider nichts näheres bekannt, so daß sich zu einer sicheren Vermutung keine Anhaltspunkte bieten. ↩