Übersetzung
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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
25. Wahre Tugenden kann es da nicht geben, wo sich die wahre Religion nicht findet.
So trefflich nämlich auch etwa dem Anscheine nach der Geist über den Leib und die Vernunft über die Leidenschaften gebieten mag, so gebieten Geist und Vernunft doch nicht in der rechten Weise darüber, wenn sie nicht ihrerseits Gott so dienen, wie Gott selbst befohlen hat, daß man ihm diene. In der Tat, eine merkwürdige Herrin über den Leib und die Leidenschaften wäre die Vernunft, die den wahren Gott nicht kennt und sich seinem Gebote nicht beugt, sondern sich der Verführung durch die überaus lasterhaften Dämonen preisgibt! Demnach sind ihre Tugenden, die sie zu haben glaubt, durch die sie dem Leib und den Leidenschaften gebietet, mag sie damit auf die Erlangung oder Festhaltung von was immer außer auf die Gottes abzielen, selbst auch Leidenschaften und nicht Tugenden1. Denn wenn auch manche sie für wahre und ehrbare Tugenden halten, falls man damit auf sie selbst abzielt und sie nicht um etwas anderen willen anstrebt, so sind sie doch auch dann aufgeblasen und hochmütig und deshalb nicht für Tugenden, Band 28, S. 1211sondern für Leidenschaften zu erachten. Denn wie das, was dem Fleische Leben verleiht, nicht vom Fleische, sondern höher her kommt, so kommt auch das, was den Menschen glückselig leben macht, nicht vom Menschen, sondern höher her; und das gilt nicht bloß vom Menschen, sondern auch von jeglicher himmlischen Macht und Kraft.
Vgl. oben V 12-20. ↩
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput XXV: Quod non possint ibi uerae esse uirtutes, ubi non est uera religio.
Quamlibet enim uideatur animus corpori et ratio uitiis laudabiliter imperare, si deo animus et ratio ipsa non seruit, sicut sibi esse seruiendum ipse deus praecepit, nullo modo corpori uitiisque recte imperat. nam qualis corporis atque uitiorum potest esse mens domina ueri dei nescia nec eius imperio subiugata, sed uitiosissimus daemonibus corrumpentibus prostituta? proinde uirtutes, quas habere sibi uidetur, per quas imperat corpori et uitiis, ad quodlibet adipiscendum uel tenendum rettulerit nisi ad deum, etiam ipsae uitia sunt potius quam uirtutes. nam licet a quibusdam tunc uerae atque honestae putentur esse uirtutes, cum referuntur ad se ipsas nec propter aliud expetuntur, etiam tunc inflatae ac superbae sunt, et ideo non uirtutes, sed uitia iudicanda sunt. sicut enim non est a carne sed super carnem, quod carnem facit uiuere, sic non est ab homine, sed super hominem, quod hominem facit beate uiuere; nec solum hominem, sed etiam quamlibet potestatem uirtutemque caelestem.