Dritter Artikel. Die Gründe für die Ceremomalvorschriften rücksichtlich der Opfer.
a) Solche Gründe können gar nicht angegeben werden. Denn: I. Was in den Opfern dargebracht wurde, waren Dinge, die zum menschlichen Lebensunterhalt notwendig waren; wie gewisse Tiere, gewisse Brote. Gott aber bedarf solcher Dinge zum Lebensunterhalte nicht; nach Ps. 49.: „Soll ich denn etwa das Fleisch der Rinder essen und das Blut der Böcke trinken!“ Also geschahen solche Opfer ohne Grund. II. Nur Ochsen, Schafe und Ziegen wurden von vierfüßigen Tieren dargebracht; von Vögeln allein die Taube und die Turteltaube; nur bei der Reinigung des Aussätzigen wurden Sperlinge geopfert. Viele andere Tiere aber stehen höher im Sein. Gott muß jedoch das Beste dargebracht wer den. Also. III. Der Mensch herrscht auch „über die Fische im Wasser.“ Fische aber wurden nicht geopfert. IV. Es machte keinen Unterschied, ob man Tauben darbrachte oder Turteltauben. Also hätte auch bei deren Jungen kein Unterschied gemacht werden sollen. V. Gott ist der Urgrund des Lebens; nicht nur der Menschen, sondern auch der Tiere. Dem Leben aber steht gegenüber der Tod. Nicht also mußten Gott tote Tiere aufgeopfert werden, sondern lebendige; wie auch der Apostel (Röm. 12.) ermahnt: „Wir sollen Gott darbringen unsere Leiber als eine lebendige, heilige, gottwohlgefällige Opfergabe.“ VI. Sollten einmal tote Tiere aufgeopfert werden, so kam doch sicher nichts darauf an, wie sie getötet werden; z. B. nach Lev. 1., wo die Vögel getötet werden sollten, nachdem ihnen der Kopf zum Halse zu umgedreht worden sei. VII. Jeder Fehler an einem sinnbegabten Wesen ist der Weg zum Verderben und zum Tode. Wurden also einmal tote Tiere Gott dargebracht, so war es ganz überflüssig zu verbieten, daß ihm fehlerhafte, lahme z. B. blinde etc. aufgeopfert würden. VIII. Wer Gott Opfergaben darbringt, soll teil daran haben; nach 1. Kor. 10.: „Oder haben nicht jene, die von den Opfergaben essen, teil am Altare.“ Unzulässig also war es, einzelne Teile den opfernden zu entziehen; wie das Blut und das Fett, die Brust und das rechte Lendenstück; Levit. 3. IX. Wie die Brand- oder Ganzopfer zur Ehre Gottes dargebracht wurden, so auch die Friedopfer und Sühn- oder Sündopfer. Als Brandopfer aber ward kein weibliches Tier dargebracht, obgleich dazu sowohl Vierfüßler wie Vögel verwendet wurden. Also war es unzulässig in den Friedopfern und Sündopfern Tiere weiblichen Geschlechts aufzuopfern; zudem wurden in den Friedopfern Vögel dargebracht. X. Alle Opfertiere in den Friedopfern waren zu einer Art gehörig. Also durfte nicht dieser Unterschied gemacht werden, daß man am nächsten Tage das Fleisch mancher Friedopfertiere nicht essen durfte, von anderen aber wohl. XI. Alle Sünden kommen darin überein, daß sie von Gott abwenden. Also für alle Sünden durfte der Versöhnung mit Gott nur eine Art Opfer dargebracht werden. Alle Tiere, welche geopfert wurden, durften insgesamt nur tot, also nur in einer Weise geopfert werden. Also war es unzulässig, daß von dem, was aus dem Erdboden wuchs, in verschiedener Weise geopfert werden mußte. Denn bald mußten Ähren dargebracht werden, bald feines Mehl, bald Brot und zwar nun im Ofen gebackenes, nun in der Pfanne, nun auf dem Roste geröstetes; Lev. 2 u. 7. Alles, was wir im Gebrauche haben, kommt von Gott. Also unzulässig und grundlos ist es, außer den Tieren nur dies Gott aufzu opfern: Brot, Öl, Weihrauch, Salz. Die körperlichen Opfer bezeichnen das innere Opfer des Herzens, wo der Mensch seine Seele Gott darbringt. Im inneren Opfer ist mehr von Süßigkeit, die der Honig bezeichnet, wie von Reizbarkeit, die das Salz durch seinen beißenden und anreizenden Geschmack darstellt; sagt doch Ekkli. 24.: „Mein Geist ist süßer als Honig.“ Also unzulässiger-, grundloserweise wurde Lev. 2. verboten, in das Opfer Honig und Sauerteig zu mischen, der doch das Brot wohlschmeckend macht; und wurde geboten, Salz hineinzumischen, das da reizt, und Weihrauch, der einen bitteren Geschmack hat. Auf der anderen Seite heißt es Lev. 1.: „Das Dargebrachte verbrenne der Priester als ein Brandopfer und als einen sehr angenehmen Geruch vor dem Herrn.“ Da aber „Gott niemanden liebt, der nicht zusammen mit der Weisheit weilt“ (Sap. 7.), so kann geschlossen werden, daß das, was dem Herrn angenehm ist, mit Weisheit angeordnet worden. Also haben alle jene Ceremonien vernünftige Ursachen.
b) Ich antworte, alle diese Ceremonien haben 1. einen Grund, der den Worten an und für sich selbst entspricht; und 2. einen figürlichen. Der erste bezieht sich auf den Kult Gottes, der zweite auf den Herrn, der vorgebildet werden sollte. Von beiden Seiten her aber giebt es vernünftige Gründe für die Opfer. Von seiten des Wortgrundes wurde dadurch die Hinordnung des vernünftigen Geistes zu Gott ausgedrückt. Dazu nun gehört, daß der Mensch Alles, was er hat, als von Gott empfangen, wie vom ersten Princip her anerkennt und daß er Alles auf Gott bezieht wie auf den letzten Zweck. Dies ward dargestellt in den dargebrachten Gaben und Opfern, wonach der Mensch etwas von seinem Eigentum zur Ehre Gottes dahingab in der Anerkenntnis der höchsten Herrschaft Gottes; wie David sagte (1 Paralip. 29.): „Dein ist Alles und was wir von Deiner Hand empfangen haben, das haben wir Dir dargeboten.“ Darin also bekannte der Mensch, Gott sei das erste Princip und der letzte Zweck aller Dinge. Und deshalb war im „Gesetze“ verboten, einem anderen zu opfern als Gott, der allein erstes Princip und letzter Endzweck ist, nach Exod. 22.: „Wer den Götzen opfert und nicht Gott allein, der soll des Todes sterben.“ Deshalb auch hatten nach dieser Seite hin die Ceremonien bei den Opfern den Grund, vom Götzendienste abzuziehen. Daher wurden den Juden die Vorschriften wegen der Opfer erst gegeben, nachdem sie das Götzenbild des goldenen Kalbes sich gemacht und angebetet hatten; und bei Jeremias heißt es: „Nicht habe ich gesprochen zu eueren Vätern und nicht habe ich ihnen Vorschriften gegeben betreffs der Brandopfer und der Opfertiere am Tage, da ich sie herausführte aus Ägypten.“ Unter allen Wohlthaten aber, die Gott. dem Menschengeschlechte gegeben, ist die Dahingabe seines Sohnes die bei weitem vorzüglichste; weshalb Joh. 3. gesagt wird: „So hat Gott die Welt geliebt, daß Er seinen eingeborenen Sohn dahingab; damit jeder, der an Ihn glaube, nicht zu Grunde gehe, sondern das ewige Leben habe.“ Und daher ist das hauptsächlichste Opfer jenes, „durch das Christus Sich selbst dargebracht hat Gott als einen angenehmen Wohlgeruch.“ (Ephes. 5.) Dieses Opfer ist so groß, daß alle Opfer im „Gesetze“ nur deshalb dargebracht wurden, damit sie dieses hochheilige Opfer vorbildeten wie das Unvollkommene vorbereitet zum Vollkommenen hin. Deshalb schreibt Paulus an die Hebräer (10, 11.): „Der Priester des Alten 'Gesetzes hat mehrmals dargebracht die nämlichen Opfergaben, die niemals Sünden hinwegnehmen können; Christus aber hat einmal eine einzige Opfergabe dargebracht für die Sünden.“ Und weil aus dem, was vorgebildet werden soll, hergenommen wird der Grund für die Art und Weise der Figur, so sind die Gründe für die figürlichen Opfer des Alten Bundes herzunehmen aus dem wahren Opfer Christi.
c) I. Gott wollte die geopferten Gaben nicht wegen ihrer selbst, weil Er deren bedürfte; was Isaias zurückweist (1, 11.): „Die Brandopfer der Widder und das Fett der Masttiere, und das Blut der Kälber und Ziegen und Lämmer will ich nicht.“ Er wollte diese Opfergaben: einmal, um den Götzendienst auszuschließen; dann zur Bezeichnung seiner höchsten barmherzigen Herrschaft; und endlich, um das Mysterium der Menschwerdung Christi vorzubilden. II. Daß gerade die erwähnten Tiere genommen wurden, hatte seinen Grund in Folgendem: 1. Alle anderen Tiere brachten die Götzendiener ihren Götzen dar oder bedienten sich derselben zur Schwarzkünstlerei und Zauberei. Diese Tiere aber waren bei den Opfern verabscheut, soweit es deren Tötung betraf; sie opferten selbige deshalb nicht ihren Götzen, wie es Exod. 8. heißt: „Sollen wir das, was zu töten für die Ägypter ein Gegenstand des Abscheus ist, opfern dem Herrn, unserem Gotte?“ Denn die Schafe wurden von den Ägyptern verehrt; die Böcke beteten sie an, weil unter deren Figur die Dämonen erschienen; der Ochsen bedienten sie sich zum Ackerbau, der ihnen als etwas Heiliges galt. Es war diese Auswahl 2. zukömmlich, um den vernünftigen Geist zu Gott hinzuwenden und zwar zuvörderst, weil dergleichen Tiere in hohem Grade dem Lebensunterhalte dienen, sehr reinlich zugleich sind und äußerst reine Nahrung zu sich nehmen, während die übrigen Tiere entweder wild leben und nicht zum Gebrauche der Menschen dienen oder, sind sie Haustiere, unreine Nahrung haben, wie das Schwein und das Huhn; nur was rein ist aber, soll Gott dargebracht werden. Betreffs der Vögel wurden jene insbesondere dargebracht, die im Lande der Verheißung in großer Anzahl sich vorfinden. Ferner wird durch die Aufopferung dieser Tiere die Reinheit des Geistes veranschaulicht. Denn, wie die Glosse sagt (proem. ad Levit.), „wir opfern ein Kalb, wenn wir den Hochmut des Geistes überwinden; ein Lamm, wenn wir die unvernünftigen Regungen in uns zähmen; einen Bock, wenn wir die Lüsternheit besiegen; eine Taube, wenn wir Einfalt üben; eine Turteltaube, wenn wir die Keuschheit pflegen; ungesäuerte Brote, wenn wir die Schaubrote der aufrichtigen Wahrheit verzehren.“ Jedenfalls wird durch die Taube ausgedrückt die Keuschheit und Einfalt des Geistes. Endlich war die Auswahl gerade dieser Opfertiere 3. herkömmlich, um Christum vorzubilden. Denn, wie die nämliche Glosse sagt, „im Kalbe wird Christus dargebracht wegen der Kraft des Kreuzes; im Lamme wegen der Unschuld; im Widder wegen seiner Herrschergewalt; im Bocke wegen der Ähnlichkeit mit dem Fleische der Sünde; in der jungen Taube und der Turteltaube wegen der Verbindung der zwei Naturen oder in der Turteltaube wurde die Keuschheit, in der jungen Taube die Liebe ausgedrückt; im Bestreuen mit seinem Mehl die Besprengung der Gläubigen durch das Taufwasser.“ III. Die Fische stehen dem Menschen nicht so nahe, wie die anderen Tiere, die gleich dem Menschen in der Luft leben. Zudem sterben die Fische sogleich, nachdem man sie aus dem Wasser gezogen hat; konnten also nicht im Tempel geopfert werden wie die anderen Tiere. IV. Unter den Turteltauben sind die älteren besser wie die jungen. Bei den Tauben ist das Gegenteil der Fall. Deshalb „sollte man opfern: junge Tauben oder Turteltauben“ (Rabbi Moses lib. 3. Dux errant. c. 47.), weil nur das Beste Gott darzubringen ist. V. Die bei den Opfern dargebrachten Tiere wurden geschlachtet, weil, insoweit sie von Gott dem Menschen gegeben werden damit dieser dieselben esse, sie in dieser Weise dem Menschen dienen; und deshalb wurden sie auch im Feuer verbrannt, denn durch Feuer gar gemacht werden sie gegessen. Zudem wird durch das Hinschlachten der Tiere die Hinwegnahme der Sünden bezeichnet; und weil die Menschen wegen ihrer Sünden den Tod verdient hatten, wurden als ein Zeichen für die Sühne der Sünden anstatt der Menschen die Tiere getötet. Endlich war die Tötung eine Figur des Todes Christi. Die besondere Art und Weise des Hinschlachtens der Tiere wurde im „Gesetze“ genau bestimmt, um jene Riten auszuschließen, deren sich die Götzendiener bedienten. Oder, wie Rabbi Moses sagt (l. c. c. 49.), bestimmte das Gesetz jene Art der Tötung, welche für die Tiere die mindest schmerzliche war; dadurch wurde also ausgeschlossen sowohl die unnötige Grausamkeit wie auch die Verschlechterung der getöteten Tiere. VII. Die fehlerhaften Tiere pflegen auch bei den Menschen verachtet zu werden; und deshalb war es verboten, solche Gott darzubringen. Aus demselben Grunde war es verboten, „den Lohn für unkeusche Sünden und den Preis für einen Hund“ in das Haus Gottes zu bringen; nach Deut. 23. Ebenso durfte man nicht Tiere darbringen, die noch nicht sieben Tage alt waren; denn solche Tiere waren noch nicht vollkommen ausgebildet und gleichsam wie eine Frühgeburt erachtet. VIII. Dreifach war die Art des Opfers: 1. Das Brandopfer oder Ganzopfer, was ganz verbrannt wurde. Es wurde in erster Linie Gott dargebracht auf Grund der Ehrfurcht vor der göttlichen Majestät und der Liebe zu ihr. Es entspricht dem Stande der Vollkommenheit in der Beobachtung der evangelischen Räte. Ganz wurde das Opfertier verbrannt, damit, wie dieses in Dampf aufgelöst ganz nach oben hinanstieg, so ausgedrückt würde, daß der ganze Mensch und Alles, was er hat, Gott Unterthan sei und Ihm dargebracht werden müsse. 2. Das Sund- oder Sühnopfer, welches Gott dargebracht wurde infolge der Notwendigkeit des Nachlasses der Sünde. Es entsprach dem Stande der büßenden und wurde in zwei Teile geteilt. Der eine wurde verbrannt, der andere kam in den Gebrauch der Priester, damit so bezeichnet würde, daß die Sühnung der Sünden von Gott ausgeht vermittelst des Dienstes der Priester; und deshalb wurde, wenn dieses Opfer für die Sünde des ganzen Volkes dargebracht wurde oder für die Sünde des Priesters, es ganz verbrannt. Denn nicht darf von den Priestern gebraucht werden, was für deren Sünde aufgeopfert wird, damit nichts von der Sünde in ihnen bleibe; und ebenso weil dies ja keine Genugthuung wäre für die Sünde. Sollte nämlich was aufgeopfert wurde von den opfernden benutzt werden können, so wäre dies offenbar ebensoviel als wenn es nicht aufgeopfert würde. 3. Das Friedopfer, welches Gott dargebracht wurde entweder als Danksagung oder für das Heil und das Wohlergehen der darbringenden; also mit Rücksicht auf eine bereits empfangene oder erhoffte Wohlthat. Es entspricht dem Stande der fortschreitenden. Es wurde in drei Teile geteilt. Der erste wurde verbrannt zur Ehre Gottes; der zweite ging in den Gebrauch der Priester über; der dritte in den der darbringenden selber; damit dadurch ausgedrückt würde, wie das Heil des Menschen von Gott ausgeht, wie die Diener Gottes anleiten und die Menschen selber mitwirken sollen. Dies aber wurde dabei allgemein beobachtet, daß das Blut und das Fett weder in den Gebrauch der Priester kam noch in den der darbringenden; sondern das Blut wurde ausgegossen am Fuße des Altars zur Ehre Gottes, das Fett ward verbrannt im Feuer. Der Grund davon war zuvörderst der Ausschluß des Götzendienstes; denn die Götzendiener tranken vom Blute der Opfertiere und verzehrten deren Fett, nach Deut. 32.: „Sie verzehrten das Fett von ihren Opfertieren und tranken den Wein der Spende.“ Dann ist ein weiterer Grund dafür in der Erziehung zum vollkommenen menschlichen Leben. Denn es ward das Blut verboten, damit sie zurückschreckten vor dem Vergießen des menschlichen Blutes: „Das Fleisch mit dem Blute sollt ihr nicht essen; denn das Blut euerer Seelen (Lebens) will ich fordern.“ Das Verzehren des Fettes ward verboten wegen der Lüsternheit, wonach Ezech. 34. gesagt wird: „Was fett war, tötetet ihr.“ Ein dritter Grund besteht in der Ehrfurcht vor Gott. Denn das Blut ist im höchsten Grade notwendig für das Leben, weshalb gesagt wird, die Seele sei im Blute; das Fett aber drückt den Überfluß der Nahrung aus. Damit also gezeigt würde, wie von Gott wir das Leben und alle Güter haben, ward das Blut ausgegossen und das Fett verbrannt. Endlich ward dadurch das Vergießen des Blutes Christi bezeichnet und die fette Fülle seiner Liebe, kraft deren Er sich Gott für uns darbrachte. Von den Friedopfern nun kam die Brust und der rechte Schenkel dem Gebrauche des Priesters zu; damit eine gewisse Art Schwarzkunst ausgeschlossen werde, kraft deren die Heiden aus diesen Stücken heraus weissagten; und demgemäß wurden diese Stücke den opfernden entzogen. Weiter wurde damit dargestellt, wie dem Priester notwendig war die Weisheit des Herzens, um das Volk zu unterrichten; und das bezeichnete die Brust als Hülle des Herzens; — und ebenso wie er der Stärke bedürfte, um die Fehler zu ertragen; und das bezeichnete der rechte Schenkel. IX. Das Brandopfer war das vollkommenste unter den Opfern; und deshalb wurde nur ein Männchen dargebracht, was von den beiden Geschlechtern das vollkommenere ist. Junge Tauben und Turteltauben wurden von den armen geopfert, die größere Tiere nicht kaufen konnten. Und weil zu den Friedopfern niemand gezwungen war; deshalb zählten dergleichen Vögel nicht unter den Friedopfern, sondern unter den Brand- und Sühnopfern, die man zuweilen darbringen mußte. Zudem kommen derartige Vögel, durch ihren Flug in die Höhe, der Vollkommenheit der Brandopfer zu; desgleichen aber auch dem Sühnopfer, denn anstatt zu singen seufzen sie. X. Das Brandopfer war das vorzüglichste; denn ganz wurde es verbrannt. Dann kam im Grade der Heiligkeit das Sühnopfer; denn nur im Vorhofe durften die Priester davon essen und zwar am Tage selbst da geopfert worden war. An dritter Stelle kamen die Friedopfer, um Danksagung auszudrücken; denn sie wurden zwar am selben Tage gegessen, jedoch überall in Jerusalem. Endlich stehen auf der letzten Stufe der Heillgkeit die Friedopfer, welche infolge eines Gelübdes dargebracht wurden; deren Fleisch konnte man auch am nächstfolgenden Tage essen. Der Grund von dieser Reihenfolge ist, daß der Mensch zuerst Gott gegenüber verpflichtet ist auf Grund der göttlichen Majestät, dann auf Grund des Nachlasses der Sünde, ferner wegen der bereits empfangenen Wohlthaten und endlich wegen der erhofften. XI. Die Sünden werden schwerer, wenn der Stand des Sünders ein höherer ist. (Kap. 73, Art. 10.) Deshalb muß der Priester oder der Fürst ein anderes Opfertier darbringen wie eine Privatperson. Dabei ist nach Rabbi Moses (I. c. c. 47.) zu berücksichtigen, daß, je schwerer die Sünde erschien, desto niedriger auch die Art Opfertier war, welches dargebracht wurde. Und so ward eine Ziege, nämlich ein sehr niedrig stehendes Tier, dargebracht für den Götzendienst, die schwerste Sünde. Für die Unwissenheit des Priesters ward dargebracht ein Kalb; für die Nachlässigkeit des Fürsten ein Bock. Das Gesetz sorgte für die armen. Wer also einen Vierfüßler nicht kaufen konnte, der mochte einen Vogel; und wenn der Preis für diesen noch zu hoch war, konnte er Brot darbringen; war dies ebenfalls zu teuer, so konnte er Mehl oder Ähren opfern. Die figürliche Ursache aber ist die: Das Brot bezeichnet Christum, „das lebendige Brot“. (Joh. 6.) Er war aber solches Brot gleichsam in der Ähre: im Stande des Naturgesetzes im Glauben der Väter. Er war ähnlich dem Mehle: in der Lehre des Gesetzes und der Propheten. Er war wie ein geformtes Brot nach der von Ihm angenommenen Menschheit; gekocht im Feuer d. h. gebildet durch den heiligen Geist im Leibe der Jungfrau; gekocht in der Pfanne wegen der Mühseligkeiten, die Er in der Welt ertrug; und gleichsam geröstet auf dem Roste am Kreuze; wie Hesychius sagt. Was die Erde zum Gebrauche der Menschen hervorbringt, dient entweder zur Speise, und davon wird Brot geopfert; oder zum Trank, und davon wird Wein dargebracht; oder als Würze der Nahrung, und davon nimmt man Öl und Salz; oder als Heilmittel, und deshalb ist Weihrauch eine Opfergabe, denn er verbreitet Wohlgeruch und hat bewahrende Kraft. Durch das Brot wird vorgebildet der Leib Christi, durch den Wein sein Blut, durch das Öl seine Gnade, durch das Salz seine Weisheit, und sein Gebet durch den Weihrauch. Honig wurde im Götzendienste geopfert und schließt zu viel Süße und Annehmlichkeit ein, was denen nicht zukommt, die Gott opfern wollen. Deshalb ward vom „Gesetze“ kein Honig geopfert. Sauerteig ward nicht geopfert, um die Verdorbenheit auszuschließen; vielleicht wurde er im Götzendienste gebraucht. Das Salz aber hindert die Verdorbenheit der Fäulnis, drückt aus die unterscheidende Kraft der Weisheit und die Abtötung des Fleisches. Der Weihrauch ist die Bezeichnung für die innere Andacht und stellt dar den Wohlgeruch des guten Rufes; denn Fett und Weihrauch sind wohlriechend. Und weil das Opfer, welches für die Sünde der Eifersucht dargebracht wurde, nicht von der inneren Andacht ausging, sondern vont Verdacht; deshalb wurde bei ihm kein Weihrauch dargebracht.
