Zweiter Artikel. Die richterlichen Vorschriften dienen auch als Figur oder Sinnbild.
a) Dem ist nicht so. Denn: I. Dies ist den Ceremonialvorschriften eigen und so verschwände der Unterschied. II. Die anderen Völker haben auch richterliche Vorschriften, die jedoch nichts versinnbilden. Also ist dies bei den Juden gleichfalls nicht der Fall. III. Das Göttliche ist über unsere Vernunft erhaben und so muß es durch einige Figuren oder Sinnbilder uns nähergebracht werden. Die richterlichen Vorschriften aber gehen auf die Nächsten und sind somit von selbst unserer Vernunft zugänglich. Auf der anderen Seite findet sich Exod. 21. die allegorische und moralische Auslegung der richterlichen Vorschriften.
b) Ich antworte, die richterlichen Vorschriften seien zwar nicht ihrer innersten Natur nach ganz und gar eingerichtet, um die Figur von etwas Anderem zu sein, wie dies bei den Ceremonialvorschriften der Fall ist; — aber daß sie zugleich etwas versinnbilden oder den Charakter einer Figur haben, folgt daraus, weshalb sie gegeben worden sind. Denn sie sollten das ganze Bestehen jenes Volkes ordnen nach der Gerechtigkeit und Billigkeit. Nun war das ganze Bestehen des Volkes ein figürliches: „Denn Alles bei ihnen war figürlich,“ nach 1. Kor. 10. Also waren auch dies, Vorschriften figürlich.
c) I. Der ganze Grund für die Ceremonialgesetze ist, daß sie versinnbilden. Das ist bei den richterlichen allerdings nicht der Fall. II. Das Volk der Juden war deshalb von Gott auserwählt, damit Christus aus ihm geboren würde. Also war das ganze Bestehen des Volkes ein prophetisches und figürliches, wie Augustin ausführt gegen Faustus. (Iib. 22. c. 24.) Deshalb sind auch die richterlichen Vorschriften dieses Volkes figürlich und prophetisch. So werden ebenfalls die Kriege und Thaten desselben mystisch erklärt; was bei dem Volke der Assyrier und Römer z. B. nicht der Fall ist, mögen diese letzteren auch weit ruhmreicher gewesen sein. III. Die Ordnung in diesem Volke an sich betrachtet war der Vernunft zugänglich; nicht aber soweit sie Beziehung hat zum Kulte Gottes. In letzterer Beziehung war diese Ordnung prophetisch.
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