Vierter Artikel. Die Einteilung der richterlichen Vorschriften.
a) Eine solche Einteilung ist gar nicht möglich. Denn: I. Die Beziehungen der Menschen untereinander sind endlos. Gerade aber diese werden von diesen Vorschriften geordnet. Also ist da eine zu verlässig abgrenzende Einteilung nicht gestattet. II. Die richterlichen Vorschriften sind nähere Bestimmungen der moralischen. Diese aber schließen in sich keinen weiteren Unterscheidungsgrund ein, außer etwa insoweit sie sich auf die zehn Gebote zurückführen lassen. Also. III. Die Ceremonialvorschriften haben einen Unterscheidungsgrund in sich; und deshalb unterscheidet das „Gesetz“ selber sie in Ceremonien, Sakramente, Opfer. Eine ähnliche Unterscheidung aber findet sich nicht im „Gesetze“ für die richterlichen Vorschriften. Auf der anderen Seite ist da Unterscheidung, wo Ordnung ist. Ordnung aber muß vor Allem sein in jenen Vorschriften, wodurch das Volk in sich, in seinen inneren Verhältnissen, geordnet wurde.
b) Ich antworte, da das Gesetz gewissermaßen die Kunst ist, das menschliche Leben zu regeln und zu ordnen, in jeder Kunst aber die eine Regel von der anderen sich in zuverlässiger Weise unterscheidet, so müsse bei jeder Gesetzgebung eine zuverlässige Unterscheidung und Einteilung der verschiedenen Vorschriften bestehen; — sonst würde die Verwirrung selber den Nutzen fortnehmen. Nun ist im Volke eine vierfache Ordnung: 1. Die Beziehung des Fürsten zum Volke; 2. die Beziehung der Untergebenen untereinander; 3. die Beziehung der Angehörigen des Volkes zu den Außenstehenden; 4. die Beziehungen innerhalb der Familie, wie des Mannes zur Frau, der Eltern zu den Kindern etc. Es werden also im „Gesetze“ richterliche Vorschriften gegeben: 1. über die Einsetzung und das Amt der Fürsten und über die ihnen gegenüber zu beobachtende Ehrfurcht; — 2. über Kauf und Verkauf, Streitsachen, Strafen; — 3. über den Krieg gegen die Feinde, Aufnahme der Fremden und Ähnliches; — 4. über die Dienstleute, Kinder, Frauen u. s. w.
c) I. Der Zahl nach endlos sind wohl die Beziehungen der Menschen zu einander; jedoch können sie auf einige Principien zurückgeführt werden. II. Die zehn Gebote stehen im Bereiche des Moralischen an der Spitze; und deshalb wird Letzteres nach den zehn Geboten geordnet. Die richterlichen und Ceremonialvorschrlften aber haben ihre Verpflichtung nicht von der natürlichen Kraft der Vernunft her, sondern rein aus der gemachten Anordnung. Somit ist da ein anderer Unterscheidungsgrund. III. Die Sachen selbst, welche durch die richterlichen Vorschriften geordnet werden, deuten den Unterschied in diesen letzteren an.
