Zweiter Artikel. Die Reinigung des Herzens ist eine Wirkung des Glaubens.
a) Das scheint nicht der Fall zu sein. Denn: I. Die Reinheit des Herzens besteht hauptsächlich in der Hinneigung; der Glaube aber ist in der Vernunft. II. Der Glaube kann zugleich sein mit der Unreinheit der Sünde, wie dies bei denen der Fall ist, die nur ungeformten Glauben haben. Also verursacht er nicht die Reinheit des Herzens. III. Zuerst müßte doch der Glaube die Vernunft vom Dunkel reinigen, ehe er das Herz reinigte. Das geschieht aber nicht; denn er ist ein „Erkennen in Rätseln.“ Auf der anderen Seite sagt Petrus (Act. 13.): „Durch den Glauben hat Er ihre Herzen gereinigt.“
b) Ich antworte, die Unreinheit eines jeden Dinges bestehe darin, daß es mit Niedrigerem vermengt werde. Denn das Silber wird nicht unrein, wenn es mit Gold vermischt wird, dadurch wird es vielmehr besser und edler; wohl aber, wenn es mit Blei oder Zinn vermischt wird. Unrein also wird die vernünftige Kreatur, die wertvoller ist als alles Zeitliche und Körperliche, wenn sie sich zeitlichen Dingen durch die Liebe unterwirft. Und von dieser Unreinheit wird sie gereinigt durch die Bewegung zum Gegenteil hin, nämlich zu dem, was über ihr ist, zu Gott; in welcher Bewegung eben der Glaube besteht, denn „der Gott sich nähert, muß glauben.…“ Zuerst also reinigt der Glaube von der Unreinheit des Irrtums; und ist er durch die Liebe geformt und vollendet, so reinigt er vollkommen.
c) I. In der Vernunft ist das Princip dessen, was in der Neigung sich findet; denn das aufgefaßte Gute bestimmt den Willen. II. Auch der ungeformte Glaube schließt immerhin eine gewisse Unreinheit, die des Irrtums, aus; diese entsteht dadurch, daß der Mensch in ungeregelter Weise niedrigeren Dingen anhängt und Sichtbares als Maßstab betrachten will für Göttliches. Wird der Glaube aber durch die heilige Liebe vollendet, so läßt er alles Unreine verschwinden; denn „alle Sünden deckt zu die Liebe.“ (Prov. 10.) III. Das mit dem Glauben verbundene Dunkel ist nicht das Dunkel der Schuld, sondern ein natürlicher Mangel der menschlichen Vernunft im Stande des gegenwärtigen Lebens.
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