Dreiundfünfstigste Kapitel. Über die der Klugheit entgegenstehenden Laster: Über die Unklugheit.
Nun muß man die Laster, welche der Klugheit entgegenstehen, behandeln. Augustin nun sagt (4. cont. Julian. 4.): „Allen Tugenden stehen gegenüber Laster, nicht bloß im offenbaren Gegensatze, wie der Klugheit die Verwegenheit; sondern auch solche Laster stehen den Tugenden gegenüber, die gewissermaßen, freilich nicht in Wahrheit und Wirklichkeit, sondern dem äußeren täuschenden Scheine nach denselben, nämlich den Tugenden, ähnlich und benachbart sind, wie der Klugheit nicht allein entgegensteht die Verwegenheit oder Unklugheit, sondern auch die Schlauheit.“ Zuerst ziehen wir also jene Laster in Erwägung, welche zur Klugheit in offenbarem Gegensatze stehen, die nämlich vom Mangel an Klugheit oder an dem, was zur Klugheit erfordert ist, herkommen; dann werden wir jene Laster behandeln, welche eine falsche Ähnlichkeit mit der Klugheit besitzen, die nämlich in einem Mißbrauche des zur Klugheit Erforderlichen begründet sind. Weil nun die Sorge zur Klugheit gehört, betrachten wir zuerst die Unklugheit als Gegensatz zur Klugheit und dann die Nachlässigkeit als Gegensatz zur Sorge.
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