Zweiter Artikel Das Verlachen oder Verspotten kann Todsünde sein.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Alle Todsünde ist gegen die heilige Liebe. Dies ist aber, wie schon der Name anzeigt, das Verlachen nicht; denn es geschieht im Spielen und Scherzen. II. Die größte Verspottung ist jene, welche auf Gott sich richtet. Diese aber scheint nicht immer Todsünde zu sein. Denn Isidor sagt (2. de summo Bono cap. 16.): „Ein Spötter ist und nicht ein Büßer, der noch immer thut, was er bereut.“ Also ist jener, der in eine läßliche Sünde zurückfällt, ein Spötter über Gott und würde somit schwere Sünde begehen. III. Schmähung und Verkleinerung sind größere Sünden wie Verspottung; denn sie geschehen im Ernste, die Verspottung aber im Scherze. Nicht aber einmal alle Schmähung und Verkleinerung ist Todsünde. Also. Auf der anderen Seite heißt es Prov. 3.: „Er verlacht die Spötter.“ Das „Verlachen“ von seiten Gottes aber heißt: in Ewigkeit strafen, nach Ps. 2, 4.: „Der im Himmel wohnt, wird sie verlachen.“ Also ist Verspotten Todsünde.
b) Ich antworte, jede Verspottung habe zum Gegenstände ein Übel oder einen Mangel. Nun spottet man nicht über große Übel. Also handelt es sich hier nur um kleinere. Ein Übel aber wird als klein genommen: 1. an sich; 2. in Anbetracht der betreffenden Person. Mit Rücksicht auf ein an sich kleines Übel ist Verspotten und Verlachen eine läßliche Sünde in ihrer „Art“ genommen. Mit Rücksicht auf ein Übel aber, das als klein betrachtet wird nur in Anbetracht der betreffenden Person, wie wir die Mängel und Fehler von Kindern oder einfachen Leuten wenig zu beachten pflegen, ist einen verspotten oder verlachen gleichbedeutend mit: diesen selben vollständig geringachten und ihn für so niedrig halten, daß man um sein Übel gar keine Sorge haben, sondern damit scherzen und Zeitvertreib machen dürfte; — und das ist Todsünde. So ist also diese Todsünde schwerer wie die Schmähung, die ebenfalls offen geschieht. Denn der Schmäher betrachtet noch das Übel eines anderen ernst; der Spötter aber macht sich damit einen Scherz und Zeitvertreib. Und um so schwerer ist dann diese Sünde, je mehr Achtung jener Person gebührt, welche verspottet wird. Am schwersten also ist es, Gott zu verspotten, nach Isai. 37.: „Wen habt ihr beschimpft? Und wen gelästert? Und wen laut verspottet?… Den Heiligen Israels.“ Sodann kommt die Verspottung der Eltern, nach Prov. 30.: „Das Auge, welches dem Vater spottet und verachtet das Gebären seiner Mutter; die Raben werden es ausgraben aus dem Gießbache und fressen werden es die jungen Adler.“ Darauf kommt die Verspottung der Gerechten; denn die Ehre ist der Lohn der Tugend, und bei Job 12. heißt es: „Verspottet wird die Einfalt des Gerechten.“ Dadurch werden zudem die Menschen gehindert in der Nachfolge der Guten, wie Gregor (20. moral. 15.) sagt: „Die da das Gute sehen, was der Thätigkeit der anderen entspringt, reißen es bald heraus mit der Hand ihrer verderblichen Spottsucht.“
c) I. Das Spiel ist nicht gegen die Liebe mit Rücksicht auf jenen, mit dem zusammen man spielt. Es kann aber gegen die Liebe sein mit Rücksicht auf jenen, auf dessen Kosten man spielt, d. h. über den man spottet. II. Wer in eine Sünde zurückfällt, spottet nicht direkt und unmittelbar über Gott; sondern erst auf Grund einer gewissen Erklärung feines Thuns. III. Verspotten ist an sich leichter als Schmähen und Verkleinern, wenn es keine Verachtung in sich einschließt, sondern nur Scherz ist.
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