Zweiter Artikel. Im Kulte Gottes kann Manches überflüssig sein.
a) Dies scheint zu viel behauptet. Denn: I. Ekkli. 43. heißt es: „Verherrlichet den Herrn, soweit ihr könnt; es wird noch übrig bleiben.“ Der Kult Gottes aber dient seiner Verherrlichung. II. Der äußere Kult ist ein gewisses Bekenntnis des inneren, „wonach Gott im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe verehrt wird,“ nach Augustin (Encbir. 3). Nie aber kann man zu viel Glaube, Hoffnung und Liebe haben. III. Zum göttlichen Kulte gehört es, Gott das darzubieten, was wir von Ihm empfangen haben. Alles Gute aber, was wir haben, rührt von Ihm her. Wenn wir also Alles thun, was wir können, um Gott zu ehren,wird noch nichts im Kulte Gottes überflüssig sein. Auf der anderen Seite „verschmäht der gute und wahre Christ auch in der heiligen Schrift abergläubische Einbildungen,“ wie Augustin sagt. (II. de doctr. christ. 18.) Die heilige Schrift aber lehrt, in welcher Weise Gott zu verehren sei. Also auch im göttlichen Kulte kann sich infolge eines gewissen Übermaßes Aberglaube finden.
b) Ich antworte, etwas Überflüssiges kann 1. gedacht werden schlechthin oder an und für sich; und so kann es im göttlichen Kulte nichts Überflüssiges geben, da der Mensch Gott gegenüber immer zu wenig thut. Sodann kann 2. etwas überflüssiges gedacht werden mit Rücksicht auf das Verhältnis zum Zwecke. Der Zweck nun des göttlichen Kultes besteht darin, daß man Gott die Ehre giebt und Ihm Leib und Seele unterwirft. Was also der Mensch thut
a) zur Ehre Gottes,
b) damit die Seele Gott unterworfen sei,
c) damit dieses selbe mit dem Leibe stattfinde durch maßvolle Zügelung der Begierden,
d) nach der Anordnung Gottes und der Kirche,
e) nach dem Gebrauche derer, mit denen man zusammenlebt; — das ist im göttlichen Kulte nicht überflüssig. Was aber zur Unterwerfung von Leib und Seele unter Gott und zu seiner Ehre nicht gehört oder absieht von der Anordnung Gottes und der Kirche oder gegen den gemeinen Brauch (welcher nach Aug. ep. 36. Gesetzeskraft hat) ist; das Alles ist als überflüssig und abergläubisch zu betrachten, weil es nur in Äußerlichkeiten bestehend zum inneren Kulte Gottes nicht gehört. Deshalb wendet Augustm (de vera Relig. c. 3.) das Wort des Herrn: „Das Reich Gottes ist in euch“ gegen die Abergläubischen an, die hauptsächlich auf Äußerliches achtgeben.
c) I. Durch die Verherrlichung Gottes selber, den ersten Zweck des Kultus, wird das Überflüssige des Abergläubischen ausgeschlossen. II. Durch die drei göttlichen Tugenden wird die Seele Gott unteworfen; da kann also nichts Überflüssiges sein. Anders verhält es sich bisweilen mit Äußerlichkeiten, die nichts mit den drei göttlichen Tugenden zu thun haben. III. Dies betrifft das Überflüssige, schlechthin oder an sich betracht. (S. oben.)
