Erster Artikel. Es war zukömmlich, daß Christus zum Himmel aufstieg.
a) Dies wird geleugnet. Denn: I. Aristoteles (2. de coelo) sagt: „Was im höchsten Grade Sein hat, besitzt sein Gut ohne Bewegung.“ Christus aber hatte im höchsten Grade Sein. Denn als Gott ist Er das höchste Gut und als Mensch ward Er im höchsten Grade verherrlicht. Also kam Ihm nicht die Bewegung zu, wie eine solche ausgedrückt ist im Auffahren zum Himmel. II. Was in Bewegung ist, will etwas Besseres erreichen. Christus aber hatte es nicht besser im Himmel wie auf Erden; denn in nichts, weder der Seele noch dem Leibe nach, nahm Er da am Guten zu. Also durfte Er nicht zum Himmel auffahren. III. Zu unserem Heile nahm Christus die menschliche Natur an. Besser aber wäre es für uns gewesen, wenn Er auf Erden geblieben sein würde; wie es Luk. 17. heißt: „Es werden Tage kommen, wo ihr euch danach sehnen werdet, den Menschensohn zu sehen; und ihr werdet Ihn nicht sehen.“ Er hätte also nicht die Erde verlassen sollen. IV. Nach Gregor (14. moral. 29.) ward der Körper des Herrn nach der Auferstehung in nichts geändert. Er ist aber nicht gleich nach der Auferstehung gen Himmel gefahren. Also durfte Er auch nicht nach vierzig Tagen dies thun. Auf der anderen Seite steht Joh. 20.: „Ich steige auf zu meinem Vater und zu euerem Vater.“
b) Ich antworte, der Ort müsse dem im Orte befindlichen Wesen entsprechen. Nun ist der Ort, in dem wir wohnen, der Ort des Entstehens und Vergehens, nämlich der Vergänglichkeit; — der Himmel ist der Ort der Unvergänglichkeit. Also kam es Christo, der unvergängliches Leben angenommen hatte, dem Leibe nach zu, im Himmel zu sein.
c) I. Der da ohne alle Bewegung oder Veränderung das ihm innewohnende Gute besitzt, das ist Gott, der von Sich selber spricht: „Ich bin der Herr und ändere mich nicht“ (Mal. 3.). Jedes andere Wesen als etwas Geschaffenes ist der Veränderung zugänglich. Und da die von Christo angenommene menschliche Natur etwas Geschöpfliches ist, so kann ihr irgend welche Bewegung zugeschrieben werden (cfr. Aug. 8. sup. Gen. ad litt. 14.). II. Dem Wesen seiner Herrlichkeit nach wuchs dem Herrn weder an der Seele noch am Leibe etwas infolge seiner Himmelfahrt zu. Aber etwas Äußerliches trat hinzu: die Würde des Ortes. Nicht ist der Körper dadurch schöner oder vollkommener in sich geworden, sondern nur die Würde und die Zukömmlichleit des Ortes ward zu Ihm hinzugefügt. Und dies bezog sich in etwa auf seine Herrlichkeit; nicht als ob Er den Beginn einerneuen Freude mit der Himmelfahrt in Sich erfahren hätte; aber die Art und Weise war neu, nämlich wie die Freude an der nun vollendeten Sache, die Er früher verdient hatte. Deshalb fagt zu Ps. 15. (delectationes in dextera tua) die Glosse: „Freude und Ergötzen werde ich haben sitzend an Deiner Seite; den menschlichen Blicken entzogen.“ III. Die Gegenwart des Leibes ward zwar den gläubigen entzogen; aber die Gegenwart der Gottheit blieb, nach Matth. ult.: „Ich bin bei euch bis ans Ende der Welt.“ Denn „der zum Himmel stieg, hat die an Kindesstatt angenommenen nicht vergessen“ (Leo der Große serm. 2. de resurr.). Die Auffahrt gen Himmel selber aber ward den gläubigen nützlicher als wenn Christus körperlich bei ihnen geblieben wäre. Denn 1. ward der Glaube dadurch vermehrt, dessen Gegenstand ist das Unsichtbare. Deshalb fagt Augustin zu Joh. 16., wonach der heilige Geist die Welt überführen wird wegen der Gerechtigkeit derer nämlich, die glauben (25. sup. Joan.): „Der Vergleich selber der gläubigen mit den ungläubigen ist ein Tadel für letztere, weshalb Er hinzufügt: Weil ich zum Vater gehe und ihr mich des weiteren nicht sehen werdet. Denn selig sind die nicht sehen und glauben. Euere Gerechtigkeit also wird dies sein und wegen dessen wird die Welt überführt werden, daß ihr an mich geglaubt habt, den ihr nicht sahet.“ Es wird 2. durch die Himmelfahrt Christi die Hoffnung gestärkt, weshalb Er selber sagt (Joh. 14.): „Wenn ich fortgehe und euch den Ort bereite, so werde ich wieder kommen und euch zu mir nehmen; damit da auch ihr seid wo ich bin.“ Denn da der Herr die menschliche Natur bis hinein in den Himmel gebracht hat, gab Er uns damit zugleich die Hoffnung, ebenfalls dahin zu gelangen, „weil wo der Körper ist da sich die Adler sammeln.“ Es wird 3. dadurch die Liebe entflammt und die Sehnsucht nach dem Himmel. Danach sagt der Apostel (Kol. 3.): „Was da oben ist, das suchet, wo Christus sitzt zur Rechten Gottes; habt Gefallen an dem, was oben und nicht an dem, was auf Erden ist.“ „Wo dein Schatz ist, da wird dein Herz sein,“ sagte der Herr selber (Matth. 6.). Und weil der heilige Geist in Gott die Liebe ist, deshalb sprach der Herr zu den Jüngern (Joh. 16.): „Es frommt euch, daß ich hingehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, kommt der Tröster nicht zu euch; wenn ich aber fortgehe, werde ich Ihn senden;“ wozu Augustin erklärt (tract. 94. in Joan.): „Ihr könnt den heiligen Geist nicht in euch aufnehmen; wenn ihr Christum nur dem Fleische nach kennt. Als Christus herabstieg dem Körper nach, war nicht nur der heilige Geist, sondern auch der Vater und der Sohn bei Ihm geistigerweise.“ IV. Christo kam als Auferstandenem der Himmel zu. Er schob es auf, dahin zu gehen, bis Er genügend bewiesen hatte die Wahrhaftigkeit seines Fleisches. „Weil Er durch vierzig Stunden tot war, hat Er durch vierzig Tage bezeugt, daß Er wieder lebe,“ sagt die Glosse zu Act. 1, 2. Oder die Zahl „vierzig“ wird genommen als das Bild der Zeit, wo Christus die Kirche auf Erden, die in alle vier Weltgegenden hin sich erstreckt, regiert gemäß den zehn Geboten.
